Gesellschaftsrechtliche Notizen
In unseren Gesellschaftsrechtlichen Notizen informieren wir Sie in kompakter Form über aktuelle Entwicklungen im Gesellschaftsrecht.
2020
BayObLG, Beschluss vom 18. August 2020 – 1 Sch 93/20
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das BayObLG hatte in diesem Beschluss darüber zu entscheiden, ob es eine schiedsgerichtliche Eilanordnung für vollziehbar erklärt. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin, beide Gesellschafterinnen einer GmbH mit Sitz in München, waren in Streit über die Wirksamkeit verschiedener Gesellschafterbeschlüsse geraten und führten ein von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) administriertes Schiedsverfahren.
Im Gesellschaftsvertrag der GmbH war eine Schiedsvereinbarung getroffen worden, die umfänglich auf die Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchO) und die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGes) der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) verwies.
Die Antragstellerin hatte vor dem Schiedsgericht eine Eilanordnung erwirkt und begehrte in dem Verfahren vor dem BayObLG nunmehr die Vollziehbarerklärung.
Entscheidung
Das BayObLG gab dem Antrag statt. Der zulässige Antrag war begründet, da eine wirksame Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO vorlag, die den zugrunde liegenden Beschlussmängelstreit umfasste.
Die Schiedsvereinbarung genügte den Voraussetzungen, die an eine auch Beschlussmängelstreitigkeiten umfassende wirksame Schiedsvereinbarung zu stellen sind. Das Schiedsgericht, so entschied das BayObLG, war auch gemäß § 1041 Abs. 1 S. 1 ZPO befugt, in dem anhängigen Verfahren auf Antrag der Schiedsbeklagten sichernde Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtschutzes anzuordnen. Denn nach Art. 25 DIS-SchO ist ein schiedsgerichtliches Eilverfahren zulässig. Für eine Kompetenzüberschreitung des Schiedsgerichtes oder sonstige Gründe, die gegen eine Vollziehbarerklärung hätten sprechen können, bestanden im konkreten Fall keine Anhaltspunkte.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Das BayOblG zeigt in dieser Entscheidung exemplarisch, dass Schiedsverfahren auch im Gesellschaftsrecht bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelung eine Alternative zu Verfahren vor den ordentlichen Gerichten darstellen. Wie im Entscheidungsfall, ist das Schiedsgericht auf Antrag einer Schiedspartei befugt, sichernde Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anzuordnen, wenn die Parteien die Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchO) der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in ihre Schiedsvereinbarung einbezogen haben. Die Vorziehbarerklärung ist möglich, wenn sich die angeordneten Maßnahmen im Rahmen dessen halten, was auch ein staatliches Gericht bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten im einstweiligen Rechtsschutz anordnen könnte.
BGH, Urteil vom 4. August 2020 – II ZR 171/19
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In der Satzung einer GmbH war der Ausschluss eines Gesellschafters unter den Voraussetzungen zugelassen, dass dieser mit der Einzahlung der gesellschaftsvertraglich geschuldeten Einlage bei der Gründung oder im Zuge einer Kapitalerhöhung vollständig oder anteilig länger als drei Monate in Verzug ist und darüber hinaus nach einer nochmaligen Zahlungsaufforderung binnen Monatsfrist nicht leistet. Nach einer Kapitalerhöhung zahlte die Klägerin einen Rest der geschuldeten Einlage trotz mehrfacher Aufforderung nicht. Die Gesellschafterversammlung der GmbH beschloss daraufhin den Ausschluss der Klägerin. Es wurde jedoch nicht über die Verwertung des Geschäftsanteils Beschluss gefasst. Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Anfechtungsklage.
Entscheidung
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Ausschließung aus der GmbH grundsätzlich ohne gleichzeitigen Beschluss über Geschäftsanteilsverwertung möglich. Die rechtliche Besonderheit dieses Falles lag darin, dass die Klägerin die Einlage auf den im Zuge der Kapitalerhöhung neu gebildeten Geschäftsanteil noch nicht vollständig geleistet hatte. Die Einziehung eines nicht vollständig eingezahlten Geschäftsanteils ist GmbH-rechtlich ausgeschlossen. Es war also die Frage zu klären, ob dieser der Kapitalaufbringung dienenden Grundsatz einen gleichzeitig mit der Ausschließung zu fassenden Verwertungsbeschluss erforderlich machte. Der BGH entschied hingegen, dass die Ausschließung auch ohne gleichzeitigen Beschluss über die Verwertung und unabhängig von der Zahlung einer Abfindung wirksam sei.
OLG München, Urteil vom 27. Mai 2020 – 7 U 594/20
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Die Klägerin, eine Fondsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, machte gegen den Beklagten, der als Direktkommanditist mit einer Pflichteinlage von 200.000 EUR an der Klägerin beteiligt war, die Zahlung eines negativen Abfindungsguthabens geltend.
Der Beklagte hatte zunächst 50 % seiner Einlage, d. h. 100.000,00 EUR, sowie das dreiprozentige Agio in Höhe von 6.000,00 EUR eingezahlt. In der Folgezeit forderte die Klägerin den Beklagten auf der Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses auf, weitere 4,5 % der Pflichteinlage, mithin 9.000,00 EUR, zu zahlen. Der Aufforderung kam der Beklagte nach. Danach schied er durch Kündigung aus der Gesellschaft aus. Die Klägerin machte ein negatives Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von 20.640,00 EUR klageweise in zweiter Instanz geltend, nachdem sie in erster Instanz unterlegen war.
Entscheidung
Das OLG wies die Klage vollumfänglich ab. Die Klage sei unbegründet, da zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten keine „rückständige Einlage“ mehr bestanden habe. Es sei kein weiterer Gesellschafterbeschluss gefasst worden im Sinne der Neuregelung des Gesellschaftsvertrags, sodass der Beklagte nicht über die von ihm bereits erbrachte Einlage hinaus am Verlust der Gesellschaft teilnehme.
Für einen Kommanditisten folge aus § 167 Abs. 3 HGB, dass er in Ermangelung besonderer Abreden oder Beschlüsse der Gesellschafter grundsätzlich nicht nachschusspflichtig sei. Er verliere allenfalls seinen (bislang) positiven Kapitalanteil und habe bei Verlusten der Gesellschaft, die den Kapitalanteil übersteigen, maximal die rückständige Pflichteinlage sowie rückzahlbare Entnahmen zu zahlen. Die Haftsumme spiele keine Rolle.
Das OLG stellte fest, dass die ursprüngliche Fassung des Gesellschaftsvertrags eine Stundung für die ausstehenden 50 % der Pflichteinlage vorsah und der ändernde Gesellschaftsbeschlusses diese Stundung für 4,5 % des Zeichnungsbetrags aufhob. Darauf hatte der Beklagte gezahlt. Weder insoweit noch wegen der ausstehenden 45,5 % der Zeichnungssumme bestehe eine rückständige Einlage, da wegen der ausstehenden 45,5 % ein entsprechender Gesellschafterbeschluss fehle. Die Klägerin habe gegen den Beklagten im Ergebnis keinen Anspruch auf ein negatives Abfindungsguthaben.
FG München, Urteil vom 13. Mai 2020 – 6 K 75/19
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das Finanzgericht München hatte darüber zu entscheiden, ob eine auf die Klägerin festgesetzte und bezahlte Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. Auf die Klägerin, eine Mutterkapitalgesellschaft, war eine – an grundbesitzenden Personengesellschaften beteiligte – Tochtergesellschaft verschmolzen worden, sodass die infolge der mittelbaren Anteilsvereinigung anfallende Grunderwerbsteuer aus Anlass einer Betriebsprüfung festgesetzt worden war. Die entsprechenden Bescheide wurden rechtskräftig.
Im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfungen qualifizierte der Betriebsprüfer die Grunderwerbsteuer als Kosten des Vermögensübergangs im Sinne des § 12 Abs. 2 S. 1 Umwandlungssteuergesetz 2006 (UmwStG) und damit als Teil des außer Ansatz bleibenden Übernahmeergebnisses der Klägerin aus der Aufwärtsverschmelzung und rechnete den als Betriebsausgabe gebuchten Aufwand dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzu. Weitere Prüfungsfeststellungen waren nicht streitig.
Entscheidung
Das FG München stellte fest, dass die in diesem Zusammenhang angefallene Grunderwerbsteuer zu den „Kosten des Vermögensübergangs“ im Sinne des § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG gehört und diese damit nicht bei der Muttergesellschaft als Betriebsausgabe abziehbar ist. Unerheblich sei zudem, wann die Grunderwerbsteuer angefallen sei, da § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG keine zeitliche Voraussetzung enthalte.
Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG müssten Betriebsausgaben in abziehbare und nicht abziehbare Betriebsausgaben in Form von „Kosten für den Vermögensübergang“ aufgeteilt werden, wobei die „Kosten für den Vermögensübergang“ nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln seien wie Veräußerungskosten im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG. Damit sei das Veranlassungsprinzip und nicht die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Betriebsausgaben und Anschaffungskosten bzw. § 255 HGB entscheidend. Vor der Neufassung des § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG in der ab 7. Dezember 2006 geltenden Fassung war die Rechtslage noch anders: Kosten für den Vermögensübergang waren bei der Ermittlung eines Übernahmegewinns oder Verlustes nicht zu berücksichtigen und damit sofort abziehbare Betriebsausgaben, es sei denn es handelte sich um zu aktivierende Anschaffungsnebenkosten der angeschafften Anteile.
OLG München, Urteil vom 13. Mai 2020 – 7 U 1844/19
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Dieses Urteil des Oberlandesgerichts München ist von besonderer Bedeutung für die Ausgestaltung von Managementbeteiligungen, wie sie in Private-Equity-Strukturen gängig sind. Das OLG München ist der Rechtsprechung zu „Hinauskündigungsklauseln“ des Bundesgerichtshofs gefolgt, wonach Rückerwerbsoptionen im sogenannten „Managermodell“ nur in besonders gelagerten Einzelfällen möglich sind.
Der Kläger sollte für die Dauer seiner Geschäftsführertätigkeit bei der V.D. GmbH als Gesellschafter beteiligt sein. Inhalt der Vereinbarung war, dass der Kläger einen Geschäftsanteil in Höhe von 25 % erwarb. Es wurde ein Kaufpreis von 6.250,00 EUR beschlossen und darüber hinaus vereinbart, dass der Kläger „Einlagen in Rücklagen“ in Höhe von 293.750,00 EUR einbringt. Diese Zahlung von insgesamt 300.000,00 EUR bildete den sogenannten „CEO-Erwerbspreis, der vertraglich vereinbart dem Verkehrswert der Beteiligung entsprach. Weiterhin wurde vertraglich eine Pflicht zur Verfügungstellung von finanziellen Mitteln für etwaige Nachfinanzierungspflichten der GmbH festgelegt.
Der Vertrag enthielt ferner eine Rückerwerbsoption zugunsten der Gesellschaft für den Fall der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags gleich aus welchem Grund. Nach Beendigung dieses Vertrags wandte sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der von der Gesellschaft geltend gemachten Rückerwerbsoption.
Entscheidung
Das OLG München entschied zugunsten des Klägers. Es verneinte die Wirksamkeit der Managerbeteiligungsvereinbarung. Die enthaltene Rückerwerbsoption war nichtig gemäß § 138 BGB. Es lag ein Verstoß gegen das sogenannte „Hinauskündigungsverbot“ vor, da der Kläger durch die Regelung zu sehr in seiner Handlungsfreiheit einschränkt wurde. Die Struktur der Klauseln zeigte, dass ein gesellschaftsrechtlicher Einfluss des Managers intendiert war. Die hohe Gesellschaftsanteils- und CEO-Beteiligung erlaubte es ihm, Einfluss auf Entscheidungen der Gesellschafterversammlung zu nehmen. Des Weiteren traf ihn durch die unbestimmte Nachschussvereinbarung für Verbindlichkeiten der V.D. GmbH ein höheres Insolvenzrisiko als einem normalen Geschäftsführer, der grundsätzlich nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Gesellschaftsrechtliche Hinauskündigungsklauseln sind grundsätzlich nichtig. Sie sind gemäß § 138 BGB sittenwidrig, da sie den Gesellschafter nicht in unerheblichem Maße in der Ausübung seiner freien Gesellschaftsrechte einschränkt. Eine sachliche Ausnahme zu diesem Grundsatz kann nicht in den Fällen angenommen werden, in denen der gesellschaftsrechtliche Einfluss des Managers intendiert ist. Dies ist anzunehmen, wenn die Gesellschaftsbeteiligung nicht lediglich als Belohnungs- und Anreizgrundlage dient. Die Grundlage fällt weg, wenn ein etwaiges Gewinnausschüttungspotential nicht vorhanden war, und etwaige Jahresüberschüsse, Gewinnvorträge sowie Gewinn- und Kapitalrücklagen in der Gesellschaft verbleiben. Die sachliche Einordnung von Hinauskündigungsklauseln beschäftigt die Gerichte immer wieder, zum Beispiel die Annahme einer Ausnahmeregelung in dem Urteil LG Stuttgart vom 10. Oktober 2018 – 40 O 26/18 KfH, vgl. Gesellschaftsrechtliche Notizen 2019, S.19.
OLG München, Beschluss vom 12. Mai 2020 – 31 Wx 361/18
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens vor dem OLG München war die Frage, ob eine Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-outs angemessen ist, nachdem mehrere von ihnen als Antragsteller diese als zu niedrig angegriffen hatten.
Die Antragsgegnerin, eine mittelbare Tochtergesellschaft, beabsichtigte, nachdem sie im Wege eines freiwilligen Übernahmeangebotes ihren Anteil auf 93,01 % am Grundkapital der Gesellschaft erhöht hatte, einen umwandlungsrechtlichen Squeeze-out. Die Antragsgegnerin und die Gesellschaft unterzeichneten einen Verschmelzungsvertrag und die Hauptverhandlung fasste sodann den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe des im Dreimonatszeitraums zuvor umsatzgewichteten Durchschnittskurses von 7,11 EUR je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Die von der Antragsgegnerin beauftrage Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte unter Anwendung der Ertragswertmethode einen geringeren Unternehmenswert von 6,43 EUR je Aktie angesetzt und damit die Abfindung als angemessen erachtet. Die Bewertung ging von einer zehnjährigen Detailplanungsphase für die Geschäftsjahre 2015/2016 – 2024/2025 aus, die ewige Rente wurde ab dem Geschäftsjahr 2025/2026 abgebildet. Bei der Kapitalisierung der Überschüsse wurde der Basiszinssatz gerundet auf 1,25 % festgesetzt. Der unter Anwendung des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag wurde unter Berücksichtigung der jeweiligen Finanzierungsstruktur auf Werte zwischen 7,44 und 10,63 % in den Planungsjahren und 6,79 % in der ewigen Rente festgesetzt, wobei eine Marktrisikoprämie von 5,5 % zugrunde gelegt wurde.
Die gerichtlich bestellte Abfindungsprüferin bestätigte die Ertragswertermittlung und die auf Basis des höheren Börsenkurses festgelegte Barabfindung von 7,11 EUR je Aktie. Das erst instanzlich zuständige Landgericht erhöhte die Barabfindung auf 7,78 EUR je Aktie. Das Landgericht folgte grundsätzlich der Bewertung auf Basis der Ertragswertmethode, im Rahmen der Diskontierung senkte das Landgericht jedoch die Marktrisikoprämie auf 5,0 % ab.
Entscheidung
Das OLG München hob die landgerichtliche Entscheidung auf, setzte die Abfindung auf 7,11 EUR pro Aktie fest und wies darüberhinausgehende Anträge ab. Die ausschließlich auf Reduzierung der Markrisikoprämie von 5,5 auf 5,0 % herabgesetzte Abfindung sei sachlich nicht gerechtfertigt, da finanzielle Überschüsse mit einem entsprechend höheren Zinssatz von 8,36 – 11, 55 % in den Planungsjahren und 6,96 % in der ewigen Rente abzuzinsen seien. Das Landgericht sei zutreffend von einem auf 1,25 % gerundeten Basiszinssatz vor Steuern ausgegangen. Bei der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse der Gesellschaft sei es methodisch nicht zu beanstanden, zur Ermittlung des Basiszinssatzes auf einen Zeitraum von drei Monaten vor oder nach der Hauptversammlung abzustellen.
Die vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) eingesetzte Expertenkommission für die Modernisierung des Personengesellschaftsrecht hat am 20. April 2020 einen Gesetzentwurf („Mauracher Entwurf“) vorgelegt, mit dem das Personengesellschaftsrecht umfassend modernisiert und an die Bedürfnisse des aktuellen Wirtschaftslebens angepasst werden soll. Der Entwurf umfasst die Änderung von 39 Gesetzen.
Mit der Entscheidung „Weißes Ross“ (Az. II ZR 331/00) erkannte der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2001 die Rechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) an. Die gesetzliche Grundlage fehlt seitdem.
Der Entwurf sieht mit einem neu geschaffenen § 705 Absatz 2 BGB-E, der wie folgt formuliert ist, eine Kodifikation der Rechtsprechung des BGH vor: „ Die Gesellschaft kann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Personengesellschaft)“. In § 740 Absatz 1 BGB-E heißt es demgegenüber: „Eine Gesellschaft, die nicht die Voraussetzungen des § 705 Absatz 2 zur Erlangung der Rechtsfähigkeit besitzt, ist Innengesellschaft“. Damit wird klargestellt, dass nur die am Rechtsverkehr teilnehmende Außen-Gesellschaft Rechtsfähigkeit besitzen soll.
Ausdrücklich geregelt wird in § 721 BGB-E, dass die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich haften. Eine freiwillige Eintragung in einem neu zu schaffenden Gesellschaftsregister nach § 707 BGB-E wird ermöglicht. Eine eingetragene Gesellschaft kann gem. § 706 BGB-E ihre Geschäftstätigkeit an einem anderen Ort als dem Vertragssitz durchführen, d. h. grundsätzlich auch im Ausland. Zudem sieht der Entwurf vor, das Beschlussmängelrecht der GbR den aktienrechtlichen Regelungen nachzubilden sowie Änderungen hinsichtlich der Umwandlungsfähigkeit der GbR vorzunehmen. Das Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters soll darüber hinaus nach dem Entwurf künftig nicht mehr zur Auflösung führen, § 712 BGB-E.
Als die Fallzahlen an Covid-19-Infektionen im März 2020 erstmals in die Höhe schnellten, wurde das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht als besonders eilbedürftig am 27. März 2020 vom Bundestag beschlossen.
Mit dem Gesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, angesichts der pandemiebedingten Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten Beschlüsse fassen zu können und handlungsfähig zu bleiben. Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Europäische Gesellschaften (SE) und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit können seitdem virtuell abgehalten werden.
Die Entscheidung darüber, dass die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptverhandlung abgehalten wird, kann der Vorstand der Gesellschaft ohne Ermächtigung durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung treffen.
Zu beachten ist, dass eine Bild- und Tonübertragung der gesamten Versammlung erfolgt und dass technische Vorkehrungen getroffen werden, insbesondere für die Stimmrechtsausübung. Zudem muss den Aktionären, die ihr Stimmrecht ausgeübt haben, eine Möglichkeit zum Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung ermöglicht werden. Gestellte Fragen können vom Vorstand nach pflichtgemäßem, freien Ermessen beantwortet werden. Eine weitere wesentliche Änderung ist die Verkürzung der Einberufungsfrist (abweichend von § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 5 AktG) auf 21 Tage vor der Hauptversammlung.
Diese Regelungen galten zunächst nur bis zum Ende des Jahres 2020. Das Gesetz wurde jedoch inzwischen per Rechtsverordnung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.
Am 20. März 2020 ist der neue Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) in der Fassung vom 16. Dezember 2019 in Kraft getreten. Er ersetzt den bisherigen Corporate Governance Kodex von 2017.
Ein wesentliches Ziel dieser Reform ist es, die Anforderungen an die Unabhängigkeit von Anteileignern im Aufsichtsrat sowie die Empfehlungen zur Vorstandsvergütung zu konkretisieren und die Berichterstattung über die Corporate Governance zu vereinfachen.
Um eine klare Strukturierung der Vorstandsvergütung zu erreichen, schlägt der Kodex die Schaffung eines konkreten und verständlichen Vergütungssystems vor, welches sich aus fixen und variablen leistungsabhängigen Vergütungselementen zusammensetzt und bei hundertprozentiger Zielerreichung ausgezahlt wird. Der Schwerpunkt sollte auf langfristig variablen Vergütungsbestandteilen liegen und in Form von Aktienbeteiligungen ausgezahlt werden. Darüber hinaus empfiehlt der Kodex Gesamtvergütung von Vorstandsmitgliedern durch eine Maximalvergütung zu beschränken.
Auf inhaltliche Empfehlungen zur Berichterstattung über Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen verzichtet der Kodex in Gänze und verweist auf die aktienrechtlichen Normierungen. Gemäß § 162 AktG muss jede Aktiengesellschaft alle festen und variablen Vergütungsbestandteile individualisiert aufstellen. Des Weiteren wurde der Corporate-Governance-Bericht als eigenständiges Berichtsinstrument zu Gunsten der Erklärung zur Unternehmensführung gem. § 289f HGB abgeschafft.
2019
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2019 – II ZR 457/18
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In diesem Fall hatte der BGH die Frage zu entscheiden, ob der Erwerber eines Handelsgeschäfts nach dessen Veräußerung aus der Insolvenz für Altverbindlichkeiten haftet, wenn die Veräußerung durch den Schuldner in Eigenverwaltung erfolgt. Über das Vermögen einer GmbH, der Schuldnerin, wurde am 1. August 2014 das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Im Januar 2015 beauftrage die Schuldnerin die Klägerin mit der Durchführung von Elektroinstallationsarbeiten. Am 15. Juli 2015 verkaufte die Schuldnerin alle zu ihrem Geschäftsbetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter mit Wirkung zum 1. Juli 2015 an die Beklagte zu 1. Die Klägerin machte gegen diese ihren Werklohnanspruch geltend mit der Begründung, die Beklagte zu 1 führe das Handelsgeschäft im Wesentlichen fort und habe in ihrer Firma die prägenden Merkmale der Firma der Schuldnerin übernommen.
Entscheidung
Es ist ständige Rechtsprechung des BGH, dass die Nachhaftung gemäß § 25 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 HGB beim Verkauf des Handelsgeschäfts durch den Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren keine Anwendung findet. Der BGH stellte nun in dieser Entscheidung klar, dass bei der Veräußerung im Insolvenzverfahren mit angeordneter Eigenverwaltung nichts anderes gilt.
BGH, Urteil vom 1. Oktober 2019 – II ZR 386/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hatte in dieser Entscheidung zu der Frage Stellung zu nehmen, unter welchen Voraussetzungen einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Rentenansprüche nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) in der Insolvenz zustehen. Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Er und zwei weitere Gesellschafter-Geschäftsführer hielten je 1/6, insgesamt 50 % der Geschäftsanteile. Im Dezember 1980 wurde zwischen dem Kläger und der GmbH eine Versorgungszusage vereinbart, mit der ihm 30 % seines pensionsfähigen Gehalts als Rente zugesprochen wurden. Die GmbH meldete 2015 Insolvenz an.
Entscheidung
Nach Auffassung des BGH ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der mit einem oder mehreren anderen Gesellschafter-Geschäftsführern 50 % der Geschäftsanteile hält und selbst mit einer nicht nur unbedeutenden Beteiligung an der Gesellschaft beteiligt ist, keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 17 Abs.1 S.2 BetrAVG und unterliegt nicht dem Schutz der Betriebsrente. Der Kläger vertrat gemeinsam mit den anderen Gesellschafter-Geschäftsführer das gesamte Kapital. Sie handelten aus einer gleichgelagerten Interessenlage heraus und waren durch ihre Kapitalbeteiligung in der Lage, die wesentlichen Entwicklungen des Unternehmens zu steuern, sowie der Gesellschafterversammlung ihren Willen aufzuzwingen und den Ausgang wesentlicher Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Aufgrund der hohen kapitalmäßigen Bindung trug der Kläger das Gewinn- und Verlustrisiko der Gesellschaft, sodass er so stark mit dem Unternehmen verbunden war, als dass er es als sein eigenes betrachten konnte und dem Inhaber eines Einzelunternehmens gleichzustellen war.
Das Betriebsrentengesetz findet jedoch aufgrund seiner Zielrichtung nur auf Arbeitnehmer Anwendung, da diese wirtschaftlich abhängig vom Unternehmen im besonderen Maße schutzbedürftig sind.
BGH, Urteil vom 24. September 2019 – II ZR 192/18
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In dieser Rechtssache ging es um die variable Vergütung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft. Der Kläger war ein ehemaliges Vorstandsmitglied der beklagten Aktiengesellschaft. Er machte gegen diese einen Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung in Form eines Bonus für das Jahr 2011 geltend. Die Zahlung eines Ermessensbonus war neben der Grundvergütung im Anstellungsvertrag als Vorstandsmitglied geregelt. Die beklagte Aktiengesellschaft war der Auffassung, dass ihr Vorstandsmitglied, in dessen Dienstvertrag vorgesehen war, dass der Aufsichtsrat ihm Bonuszahlungen nach billigem Ermessen bewilligen konnte, keinen Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung geltend machen konnte. Es handele sich hierbei um eine freiwillige Leistung.
Entscheidung
Der BGH entschied, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung einer variablen Vergütung für das Jahr 2011 zustand. Denn dabei handelte es sich um freiwillige Zuwendungen.
Insbesondere könne der Anspruch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hergeleitet werden, da dieser keine Anwendung auf den Vorstand von Aktiengesellschaften findet.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Vorstandsmitglieder sind nicht mit Arbeitnehmern vergleichbar, da sie dem Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht unterliegen und somit unter eigener Verantwortung und persönlich unabhängig handeln (§ 76 Abs. 1 AktG).
BGH, Urteil vom 20. August 2019 – II ZR 121/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH befasste sich in diesem Verfahren mit der Wirksamkeit einer Kündigung eines Anstellungsvertrags zwischen einer GmbH sowie deren Tochtergesellschaften als Beklagte und dem Geschäftsführer als Kläger.
Nach dem Gesellschaftsvertrag war ein Aufsichtsrat bestimmt, dem die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern oblag. Der Anstellungsvertrag wurde zwischen dem Kläger und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates „für den Gesellschafter“ geschlossen. Es kam zu Streitigkeiten zwischen den Parteien über die Wirksamkeit des Anstellungsvertrags. Die beklagte GmbH forderte den Kläger mehrmals vergeblich auf, eine Geschäftsverteilung zu erarbeiten, die die beabsichtigte Bestellung eines weiteren Geschäftsführers berücksichtigte. In einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung beschloss diese, deren Zuständigkeit zwischenzeitlich durch Satzungsänderung begründet worden war, die Abberufung und fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Klägers. Der Kläger wandte sich klageweise gegen die Kündigung mit dem Antrag festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis hierdurch nicht beendet worden sei.
Das Landgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht gab der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, dass der Anstellungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen sei, da der Aufsichtsrat als zuständiges Organ nicht in korrekter Weise beteiligt worden sei. Auf diesen Vertretungsmangel könne sich die Beklagte jedoch nicht berufen, weil der Kläger seit vielen Jahren unbefristet als Geschäftsführer tätig gewesen sei. Das Fehlverhalten des Klägers stelle zudem keine Pflichtverletzungen von einem hinreichenden Gewicht dar, welche eine Kündigung wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne.
Entscheidung
Der BGH gab der Revision statt und stellte fest, dass ein unwirksamer Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers, der unter sinngemäßer Heranziehung der Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis für die Dauer der Geschäftsführertätigkeit als wirksam zu behandeln ist, für Zukunft grundsätzlich jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgelöst werden kann.
Ausnahmsweise könne zwar der Vertrag auch für die Zukunft als wirksam zu behandeln sein, wenn beide Parteien ihn jahrelang als Grundlage ihrer Rechtsbeziehungen betrachtet und die Gesellschaft den Geschäftsführer durch weitere Handlungen in seinem Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Vertrags bestärkt habe oder das Scheitern des Vertrags an einem förmlichen Mangel für den Geschäftsführer zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führe. Solche Gründe waren im konkreten Fall jedoch nicht ersichtlich.
Darüber hinaus stellte der BGH klar, dass in der Weigerung eines Geschäftsführers, Gesellschafterweisungen nachzukommen, eine Verletzung dienstvertraglicher Pflichten liege, die die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags rechtfertigen könne.
BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 252/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hatte in diesem Urteil darüber zu entscheiden, wann eine GmbH ihre Versorgungszusage unter Berufung auf Rechtsmissbrauch widerrufen kann. Der Kläger war mit 98% der Geschäftsanteile Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der beklagten GmbH, die im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge tätig war. Er hatte bereits 1999 mit der Beklagten eine Pensionszusage vereinbart, welche im Laufe der Jahre mehrfach angepasst wurde. Ab dem 11. Mai 2011 bezog der Kläger, der weiterhin als Geschäftsführer tätig war, die Versorgungspension mit reduziertem Gehalt.
Die GmbH verlegte ihren Verwaltungssitz von B. nach K. Der Kläger weigerte sich jedoch, seine Tätigkeit in K. aufzunehmen. In einem versandten Rundschreiben im Oktober 2013 teilte er den Kunden der Beklagten mit, dass er als Geschäftsführer nur noch unter seiner näher bezeichneten Mobilfunknummer erreichbar sei. Er verließ in der Folgezeit die Gesellschaft und arbeitete für die Dr. L. GmbH, welche ebenfalls im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge tätig war. Die Beklagte stellte zwischenzeitlich ihre Geschäftstätigkeit ein und machte geltend, dass dies darauf zurückzuführen sei, dass maßgebende „Multiplikatoren“ für die Kundenwerbung auf die Dr. L. GmbH umgeleitet worden seien. Sie machte geltend, dass der Kläger sich nicht auf die Versorgungszusage berufen könne.
Entscheidung
Der Kläger hat seine Versorgungsansprüche nicht durch rechtsmissbräuchliche Ausübung verwirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt ein Rechtsmissbrauch nur dann vor, wenn der Versorgungsberechtigte seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt. Dies setzt voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde. Die dargelegten Umstände rechtfertigten nicht die Annahme, dass die existenzbedrohende Lage der Beklagten im Wesentlichen dem Kläger anzulasten war.
BGH, Beschluss vom 28. März 2019 – I ZB 51/18
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Beschluss seine Rechtsprechung bestätigt, dass die Schiedsklausel des ursprünglichen Vertrags weiterhin wirksam bleibt, wenn sich nicht aus einem Vertragsnachtrag eindeutig ergibt, dass die Parteien eine Änderung der Schiedsklausel vornehmen wollen.
Die Antragsteller veräußerten alle Geschäftsanteile einer GmbH an die Antragsgegnerin zu 1). Die Antragsgegnerin zu 2) übernahm als Garantin die gesamtschuldnerische Mithaftung für die Verpflichtungen der Antragsgegnerin zu 1). Es wurde eine „Meilensteinzahlung“ in Höhe von
3,2 Mio. EUR vereinbart. Der Kaufvertrag enthielt folgende Schiedsklausel: „Any and all disputes or differences arising out of or in connection with this Agreement, or its breach, termination or invalidity shall be finally settled in accordance with the Arbitration Rules of the German Institution of Arbitration (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DIS e. V.) as amended from time to time without recourse to the ordinary courts of law by a tribunal of three arbitrators. The place of arbitration is Mannheim …”
Im November 2015 vereinbarten die Vertragsparteien zwei Vertragsnachträge. Der erste Nachtrag enthielt eine Schiedsklausel, die mit der ersten Schiedsklausel wörtlich übereinstimmte, statt „Amendment“ wurde jedoch der Begriff „Agreement“ verwendet. Der zweite Nachtrag enthielt eine mit dem ersten Nachtrag wortgleiche Schiedsklausel und eine ausdrückliche Klarstellung, dass substantiell nur eine Fristverlängerung vereinbart werden, alle übrigen Vertragsbestimmungen hingegen unverändert bleiben sollten. Als die Antragsteller die Zahlung der Meilensteinzahlung einforderten, lehnten die gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Antragsgegnerinnen dies unter Verweis auf die Schiedsklausel des Ursprungsvertrag ab. Die Antragsteller machten daraufhin im Wege der Feststellungsklage vor dem OLG Karlsruhe geltend, der Anspruch unterfalle keiner Schiedsvereinbarung. Diese sei unwirksam.
Entscheidung
Der BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, die die Schiedsklausel für anwendbar gehalten hatte. Eine Schiedsklausel ist danach auszulegen, welche Ansprüche ihr nach dem Parteiwillen unterfallen. Dabei gilt nach der Rechtsprechung des BGH der Grundsatz, dass sich eine in einer ursprünglich, später geänderten Vereinbarung enthaltene Schiedsklausel auch auf Streitigkeiten erstreckt, die auf einen später geschlossenen Vergleich zurückgehen, der die zuerst geschaffenen Verträge ergänzt oder in sonstiger Weise geändert, jedoch nicht umgeschaffen hat (BGH, Urteil vom 3. November 1983, III ZR 111/81). Im konkreten Fall ergab sich aus den Nachträgen nicht, dass diese auch die Schiedsklausel erfassen sollten, zumal diese im ursprünglichen Vertrag weit formuliert war.
OHG, Urteil vom 24. Januar 2019 – 6Ob55/18h
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In dieser Entscheidung hatte der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) über die Wirksamkeit einer Geschlechterklausel in einem Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 1963 zu befinden. Die Entscheidung ist aus der Sicht des deutschen Rechts besonders interessant, da der OGH in seiner Begründung maßgeblich auf die Diskussionen in der Rechtsanwendung in Deutschland Bezug nimmt.
In dem Gesellschaftsvertrag gab es mehrere Klauseln, die die Nachfolge in einen Gesellschaftsanteil nur männlichen Nachkommen erlaubte, beispielsweise: „Im Falle des Ablebens eines Gesellschafters treten dessen gesetzliche männliche Erben in seine Rechte und Pflichten ein und wird die Gesellschaft mit ihnen fortgesetzt“.
Als einer der Gesellschafter, der Kläger, seinen Anteil an der Gesellschaft an seine Tochter vererben wollte, lehnten die Mitgesellschafter ab, den Vertrag zu ändern. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.
Entscheidung
Die Geschlechterklausel ist nach Auffassung des OGH unwirksam. In seiner Begründung hat sich der OGH neben nationalen Vorschriften der österreichischen Verfassung auch auf Art. 14 EMRK gestützt. Danach sind in der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannte Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung wegen des Geschlechts zu gewährleisten. Zwar gelten Grundrechte zunächst im Verhältnis des Einzelnen gegenüber dem Staat. Der OGH hob jedoch darauf ab, dass die Grundrechte auch mittelbar auf das Rechtsverhältnis zwischen Privaten wirken. Deswegen sei die gesellschaftsvertragliche Klausel wegen Geschlechterdiskriminierung sittenwidrig und damit unwirksam.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Der OGH hat sich in dieser Entscheidung ausführlich mit der Wirkung der Grundrechte auseinandergesetzt. Hierbei seien insbesondere die in Deutschland entwickelten Rechtsgrundsätze heranzuziehen, dass grundsätzlich der Vorrang der Privatautonomie herrscht, die Grundrechte allenfalls mittelbar auf Vertragsbeziehungen einwirken. Ob eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten im Rahmen von Geschlechterklauseln zulässig ist, ist in Deutschland allerdings umstritten. Die herrschende Ansicht in der Literatur geht dabei noch von einem Vorrang der Privatautonomie aus. Der OGH könnte allerdings mit dieser Entscheidung durchaus eine Vorreiterrolle bei der gerichtlichen Überprüfung von Geschlechterklauseln in Deutschland spielen.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 364/18
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hatte sich in diesem Verfahren mit den Mehrheitserfordernissen für einen GmbH-Gesellschafterbeschluss zu befassen, der die Veräußerung des im Eigentum der Gesellschaft stehenden Betriebsgrundstücks zum Gegenstand hatte. Die Klägerin war eine GmbH mit zwei jeweils zur Hälfte beteiligten Gesellschaftern. Zum 31. Dezember 2013 beschlossen die Gesellschafter die Auflösung der GmbH. Sie wurden dabei jeweils alleinvertretungsberechtigte Liquidatoren. Die Gesellschafter beabsichtigten, das Betriebsgrundstück im Rahmen der Liquidation zu veräußern. Einer der Gesellschafter trat mit einem Interessenten in Verkaufsverhandlungen, woraufhin der andere Gesellschafter anbot, das Grundstück zu einem höheren Kaufpreis zu kaufen. Darauf ging ersterer Gesellschafter jedoch nicht ein und veräußerte das Grundstück an den Interessenten.
Die Klägerin war der Auffassung, dass der Kaufvertrag analog § 179a AktG unwirksam sei, da es an einem gesonderten Gesellschafterbeschluss fehle. Das Landgericht bestätigte diese Auffassung und gab der Klage statt. Das Berufungsgericht hob hingegen das landgerichtliche Urteil auf und wies die Klage ab.
Entscheidung
Nach § 179a AktG bedarf ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung ihres gesamten Vermögens verpflichtet, eines Beschlusses der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit. Ob mit der Übertragung des Grundstücks das gesamte Gesellschaftsvermögen übertragen worden war, konnte dahinstehen, denn § 179a AktG ist auf eine GmbH nicht entsprechend anwendbar. Zum einen stellt dieser eine Ausnahmevorschrift dar und zum anderen sind die Gesellschafter einer GmbH nicht in vergleichbarer Weise schutzbedürftig wie die Aktionäre einer Aktiengesellschaft. Denn die Gesellschafter einer GmbH haben einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft als die Gesellschafter einer Aktiengesellschaft auf deren Geschäftsführung. Zudem verfügen sie über weitreichendere Mitwirkungs-, Kontroll- und Informationsrechte.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Vorschrift des § 179a AktG weist der Hauptversammlung die Entscheidungskompetenz für einen Vertrag zu, durch den sich die Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, ohne dass die Übertragung unter die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes fällt. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Die Satzung kann darüber hinaus eine größere Kapitalmehrheit bestimmen. Die analoge Anwendung des § 179a AktG auf Beschlüsse in Gesellschaften anderer Rechtsform, wie etwa der GmbH oder der GmbH & Co. KG, beschäftigt die Gerichte immer wieder, zum Beispiel für die GmbH & Co. KG in dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 23. November 2017 – I-6 U 225/16, vgl. Gesellschaftsrechtliche Notizen 2018, S. 17.
2018
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – II ZR 455/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In dieser Entscheidung ging es um die Frage, welche Konsequenzen die Verletzung der Buchführungspflicht eines Schuldners im Hinblick auf Schadensersatzansprüche seiner Gläubiger haben kann.
Die Klägerin, eine Sparkasse, stand seit mehreren Jahren mit einem Konzern in Geschäftsverbindung, dessen Vorstandsmitglieder die Beklagten waren. Mit einer Konzerngesellschaft schloss die Klägerin mehrere Darlehensverträge, wonach sich die Klägerin verpflichtete, dem Konzern im Rahmen eines Konsortialkredits 12,3 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen. Die Darlehensverträge sahen als Kündigungsgrund unter anderem das Unterschreiten bestimmter Finanzkennzahlen vor. Es kam daraufhin zur Auszahlung der Darlehenssumme in Höhe von 9 Mio. EUR. Nachdem knappe zwei Jahre später über das Vermögen der Gesellschaften ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, verlangte die Klägerin mit der Klage Schadensersatz in Höhe von 6.971.721,82 EUR. Dieser sei ihr daraus entstanden, dass die Gesellschaften eine unzureichende Buchführung hatten, was den Beklagten auch bekannt gewesen sei. Es sei ein unzutreffendes Bild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaften erzeugt worden, weshalb die Klägerin die Unterschreitung der Finanzkennzahlen nicht bemerken konnte, was eine Kündigung der Darlehen ermöglicht hätte.
Entscheidung
Der BGH hatte sich mit der Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob ein Verstoß gegen die Strafvorschrift § 283b Abs. 1 Nr. Nr. 3 lit. a. StGB geeignet ist, einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch auszulösen, was er im Ergebnis verneinte. Nach § 283b Abs. 1 Nr. Nr. 3 lit. a. StGB wird bestraft, wer entgegen dem Handelsrecht Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird. Der BGH befand, dass zwar den Beklagten die Fehlerhaftigkeit der Unterlagen und der Verstoß gegen die Buchführungspflichten bekannt gewesen seien. Das in § 283b Abs. 1 Nr. 3a StGB enthaltene gesetzliche Verbot sei allerdings nicht hinreichend konkret, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB könne nur dann angenommen werden, wenn das geschützte Interesse, die Art der Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend konkret ist. An Letzterem fehle es hier, denn § 283b Abs. 1 Nr. 3a StGB benenne einen solchen bestimmbaren Personenkreis nicht.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Der BGH hat mit seinem Urteil eine Grundlagenentscheidung in einem lange währenden Streit zwischen Instanzgerichtsbarkeit und rechtswissenschaftlicher Literatur gefällt. Im Ergebnis ist es nicht so, dass Verletzungen der Buchführungspflicht und die Vorlage unrichtiger Bilanzen bei der Kreditvergabe per se nicht zu Schadensersatzansprüchen führen könnten. Die Entscheidung bezieht sich nämlich nur auf eine der für diesen Fall in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen. Der Senat hat ausdrücklich offengelassen, ob Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) oder Kreditbetrug (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 265b StGB) vorlagen und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung darüber an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
BGH, Urteil vom 6. November 2018 – II ZR 199/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In diesem Urteil entschied der BGH über die Klage eines Insolvenzverwalters gegen die Gesellschafter einer insolventen GmbH. Einer der beiden Gesellschafter hatte zuvor auf die GmbH das Vermögen einer G-GmbH auf Grundlage eines Verschmelzungsvertrags übertragen. Da die G-GmbH allerdings zum Zeitpunkt der Verschmelzung bereits zahlungsunfähig war, geriet die Gesellschaft wirtschaftlich in die Krise. Der Kläger machte Ansprüche aus Existenzvernichtungshaftung geltend mit der Behauptung, die Beklagten hätten vorsätzlich eine zahlungsunfähige auf eine zahlungsfähige Gesellschaft verschmolzen.
Entscheidung
Der BGH entschied auf der Grundlage seiner ständigen Rechtsprechung, dass ein haftungsbegründender existenzvernichtender Eingriff auch darin liegen kann, dass die Verschmelzung eines insolvenzreifen übertragenden Rechtsträgers als Gestaltungsmittel für dessen liquidationslose Abwicklung eingesetzt und hierdurch die Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers herbeigeführt oder vertieft wird.
Der Rechtsbegriff des Vermögensentzugs setze nämlich – und das ist die Kernaussage der Entscheidung – keinen Abfluss von Vermögenswerten aus dem Gesellschaftsvermögen voraus. Vielmehr könne der Entzug von Gesellschaftsvermögens auch in der Erhöhung von Gesellschaftsverbindlichkeiten liegen. Es komme im Einzelfall dann darauf an, ob zielgerichtet und zu betriebsfremden Zwecken die den Gesellschaftsgläubigern dienende Haftungsmasse verkürzt wird.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Der BGH hat in dieser Entscheidung eine wichtige Teilfrage zum Anwendungsbereich der Existenzvernichtungshaftung beantwortet: Ein Entzug von Vermögenswerten kann auch in der Mehrung von Schulden liegen, denn solches stellt sich aus Sicht der betroffenen Gläubiger nicht anders dar als der Entzug von Aktivvermögen. Für die Restrukturierungsberatung bedeutet das, dass eine sanierende Verschmelzung als Gestaltungsmittel zwar nach wie vor möglich bleibt. Es ist aber im Vorfeld stets genau zu klären, dass der Fortbestand des aufnehmenden Rechtsträgers nicht gefährdet wird.
OLG München, Urteil vom 24. Oktober 2018 – 20 U 2963/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hatte in diesem Urteil über wechselseitige Ansprüche von Gesellschaftern einer Steuerberatersozietät nach der streitigen Beendigung einer beruflichen Zusammenarbeit in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu entscheiden.
Der Kläger und die Beklagten waren Sozien einer Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GbR. Der Kläger hatte im Jahr 2000 von dem Kanzleigründer Gesellschaftsanteile zum Preis von 1 Mio. DM erworben. Die Sozietät hatte einen Hauptsitz und drei auswärtige Beratungsstellen. In einer dieser auswärtigen Beratungsstellen arbeitete der Kläger. Ende 2003 kündigte der Kläger das Gesellschaftsverhältnis und verlangte sein Auseinandersetzungsguthaben. Dies hielten die Beklagten im Hinblick auf den Jahreswechsel für treuwidrig, es handele sich um eine Kündigung zur Unzeit. Ab Mitte Januar 2004 kündigten zudem die Mehrzahl der Mitarbeiter in der Beratungsstelle, in der der Kläger gearbeitet hatte, ebenso kündigten ab Ende Januar 2004 die Mehrzahl der Mandanten dieses Büros. Die Mitarbeiter und Mandanten wechselten größtenteils zu einem anderen Steuerberater, bei dem der Kläger zuvor angestellt gewesen war. Im Juli 2005 zeigte sich der Kläger selbst im Wege der Selbstanzeige wegen des Verdachts der Hinterziehung von Gewerbe- und Umsatzsteuer durch die Sozietät an. Er behauptete, es habe Unregelmäßigkeiten bei der Gewerbe- und Umsatzsteuer gegeben, die auch der Hintergrund seines Ausscheidens gewesen seien.
Die Beklagten verlangten die Zahlung der Vertragsstrafe. Der Kläger habe gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, indem er schon vor seiner Kündigung systematisch Mandanten und Mitarbeiter abgeworben habe.
Entscheidung
Dem Kläger stand das Auseinandersetzungsguthaben zu. Ein Anspruch auf eine Abfindung besteht grundsätzlich im Falle eines Ausscheidens infolge einer ordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung, die den Abfindungsanspruch hätte mindern können, lag mangels Nachweises eines wichtigen Grundes nicht vor. Insbesondere stellte allein die Kündigung im Jahresendgeschäft keinen solchen Grund dar.
Die Beklagten hatten ihrerseits einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe, da der Kläger gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen hatte.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
In diesem Verfahren standen sich für die Trennung von Sozien nach einem Zerwürfnis typische Ansprüche gegenüber. Auf der einen Seite machte der ausscheidende Gesellschafter sein Abfindungsguthaben geltend. Der Anspruch auf eine Abfindung folgt unmittelbar aus dem Gesetz. Sie kann aber im Gesellschaftsvertrag modifiziert, unter besonderen Voraussetzungen sogar ausgeschlossen werden. Deswegen sind die gesellschaftsvertraglichen Regelungen für den Abfindungsanspruch von großer Bedeutung. Auf der anderen Seite machten die verbliebenen Gesellschafter Ansprüche aus einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot geltend. Für diesen Fall war im Gesellschaftsvertrag eine Vertragsstrafe vorgesehen.
LG Stuttgart, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 40 O 26/18 KfH
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Dieses Urteil des Landgerichts Stuttgart ist von besonderer Bedeutung für Managementbeteiligungen, wie sie in Private-Equity-Strukturen gängig sind. Das Landgericht ist der Rechtsprechung zu „Hinauskündigungsklauseln“ des Bundesgerichtshofs gefolgt, wonach Rückerwerbsoptionen im sogenannten „Managermodell“ nur in besonders gelagerten Einzelfällen wirksam sind.
Der Beklagte sollte für die Dauer seiner Geschäftsführertätigkeit der S-GmbH & Co. KG an dieser als Gesellschafter beteiligt sein. Beim Verfassen der maßgeblichen Regelungen ließen sich die Parteien mit anwaltlicher Hilfe von der BGH-Entscheidung vom 19. September 2005 – II ZR 173/04, BGHZ 164, 98, zum „Managermodell“ leiten. Inhalt ihrer Vereinbarung war, dass der Beklagte an der Gesellschaft einen Kommanditanteil in Höhe von 5 % erwarb. Es wurde ein Kaufpreis von rund 1,35 Mio. EUR vereinbart und vertraglich festgehalten, dass dieser dem Verkehrswert der Beteiligung entspreche.
Der Vertrag enthielt ferner eine Rückerwerbsoption zugunsten der Gesellschaft für den Fall der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags gleich aus welchem Grund. Nach Beendigung dieses Vertrags wandte sich der Beklagte gegen die Wirksamkeit der von der Gesellschaft klageweise geltend gemachten Rückerwerbsoption.
Entscheidung
Das LG Stuttgart entschied zugunsten der Gesellschaft. Es bejahte die Wirksamkeit der Mana-gerbeteiligungsvereinbarung. Die enthaltene Rückerwerbsoptionen sei nicht nichtig gemäß § 138 BGB. Zwar ermögliche sie es der Gesellschaft, ihren Gesellschafter aus der Gesellschaft „hinauszukündigen“, was im Regelfall wegen einer zu starken Einschränkung der Handlungsfreiheit des vom Ausschluss bedrohten Gesellschafters nach ständiger Rechtsprechung für unzulässig befunden wird. Das LG Stuttgart sah hier jedoch die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Gesellschaftsrechtliche Hinauskündigungsklauseln sind grundsätzlich nichtig. Sie sind sittenwidrig nach § 138 BGB, denn das „Damoklesschwert“ einer Hinauskündigungsmöglichkeit verträgt sich nicht mit der Stellung als Gesellschafter und der unbeeinflussten Ausübung der Gesellschafterrechte. Unter besonderen Voraussetzungen können Hinauskündigungsklauseln jedoch ausnahmsweise wirksam sein, wenn sie wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sind. Das ist im „Managermodell“ der Fall, da in diesem die Beteiligung sachlich eng mit der Tätigkeit als Geschäftsführer verknüpft ist. Ein gesellschaftsrechtlicher Einfluss des Managers ist primär nicht intendiert. Ziel ist vielmehr, ihn stärker an das Unternehmen zu binden, seine Motivation zu steigern und seine Stellung im Unternehmen aufzuwerten.
BGH, Urteil vom 25. September 2018 – II ZR 27/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass im Rahmen der Prospekthaftung im weiteren Sinne bei Prospektfehlern, die zum Beitritt geführt haben, auch ein etwaiger Minderwert der Kommanditbeteiligung als Schaden geltend gemacht werden kann. Die Beklagten waren Gründungsgesellschafter eines Fonds, der einen Windpark betrieb. Die Kläger waren Anleger, die Kommanditbeteiligungen an dem Fonds erworben hatten. Es gab zwei Beteiligungsmodelle, einen sogenannten „Kurzläufer“ mit einer Laufzeit von ca. 12 Jahren, an dessen Ende die Abtretung an die Beklagte stand, und einen sogenannten „Langläufer“ mit einer grundsätzlich unbefristeten Laufzeit. Die Kläger nahmen die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch und behaupteten, Prospektangaben seien in der Weise fehlerhaft gewesen, dass diese für die Anleger zu Mindereinnahmen von insgesamt 25,81 % p. a. geführt hätten.
Entscheidung
Bei den Angaben im Prospekt handelt es sich um vorvertragliche Auskünfte, die, ähnlich wie Werbung, der Interessentenansprache dienen. Bereits in diesem Stadium treffen den Anbieter Wahrheits- und Schutzpflichten. Verletzt er diese, muss er den daraus resultierenden Schaden ersetzen. Der Anspruch wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten ist auf das sogenannte Vertrauensinteresse gerichtet. Die Anleger haben Anspruch auf Ersatz des Schadens, den sie dadurch erlitten haben, dass sich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben vertraut haben. Das heißt, dass die Beklagten so zu stellen sind, wie sie stünden, wenn sie richtig aufgeklärt worden wären. Sie können entweder verlangen, dass der Vertrag rückabgewickelt wird, oder an diesem festhalten und den ihnen durch den Fehler des Prospekts entstanden Schaden ersetzt verlangen. Der Kläger konnten deswegen grundsätzlich auch einen etwaigen Minderwert ihrer Kommanditbeteiligung als ersatzfähigen Schaden geltend machen.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Der BGH stellt in diesem Urteil klar heraus, welchen Leitlinien Klagen gegen Fondsinvestments folgen sollten: Wesentlich ist die möglichst detailliert Aufbereitung des Sachverhalts, sowohl für die Darlegung des Prospektfehlers als auch die Darstellung des Schadens. Um den von ihnen behaupteten Minderwert einer Beteiligung schlüssig darzulegen, hatten die Kläger im Streitfall den Minderwert konkret beziffert, diese anhand tabellarischer Berechnungen näher erläutert und die einzelnen gerügten Prospektfehler den behaupteten Mindereinnahmen zugeordnet. Der BGH hat diesen Sachvortrag für schlüssig erachtet.
BGH, Urteil vom 11. September 2018 – II ZR 307/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat entschieden, dass eine Mehrheitsklausel in einem Gesellschaftsvertrag, die unter dem Vorbehalt abweichender gesetzlicher Bestimmungen steht, so auszulegen ist, dass sie den gesetzlichen Bestimmungen vorgeht.
Die Klägerin war Kommanditistin der beklagten Gesellschaft, einer Publikumskommanditgesellschaft. Der Ehemann der Klägerin war im Beirat der beklagten Gesellschaft und hatte gemeinsam mit einem weiteren Beiratsmitglied (B) aufgrund von Stimmrechtsvollmachten mehr als 50 v. H. der Stimmen in der Gesellschafterversammlung. Der Beirat der Beklagten betrieb den Austausch der Komplementärin durch eine GmbH, was scheiterte. Daraufhin beschloss die Gesellschafterversammlung, die der GmbH im Zusammenhang mit der Gesellschafterversammlung entstandenen anwaltlichen und gerichtlichen Kosten bis zu einer Höhe von 10.000,00 EUR zu erstatten. Die GmbH forderte daraufhin auch die Zahlung von weiteren rund 62.000,00 EUR. Über diese Forderung wurde in der Gesellschaftsversammlung abgestimmt. Dabei wurde die Zahlung der geltend gemachten Kosten abgelehnt, allerdings wurden die Stimmen des Ehemanns der Klägerin und des weiteren Beiratsmitglieds (B) vom Versammlungsleiter nicht mitgezählt. Gegenstand des Prozesses war, ob bei dieser Abstimmung die erforderliche Mehrheit erzielt worden war.
Entscheidung
Mehrheitsklauseln in Gesellschaftsverträgen sind objektiv auszulegen. §§ 119 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB bestimmen, dass grundsätzlich ein Einstimmigkeitserfordernis für Gesellschafterbeschlüsse besteht. Diese Regelung ist jedoch nicht zwingend. Denn §§ 109, 161 Abs. 2, 163 HGB bestimmen, dass sich das Verhältnis der Gesellschafter untereinander in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag richtet. Nur wenn eine derartige Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht besteht, wird auf die gesetzlichen Regelungen zurückgegriffen. Das Mehrheitsprinzip ist bei der Publikumsgesellschaft, bei der aufgrund der Anzahl der Gesellschafter einstimmige Beschlüsse schwierig zu fassen sind, auch interessengerecht.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung behandelt die Mehrheitserfordernisse in der Gesellschafterversammlung, ein Themengebiet, das in der gesellschaftsrechtlichen Praxis immer wieder für Meinungsverschiedenheiten sorgt. Für diese Streitigkeiten typisch ist die Frage, ob qualifizierte Mehrheitserfordernisse, wie die Zustimmung aller Gesellschafter oder eines Quorums von mehr als 75 v. H. der Stimmen erforderlich sind. Für diese Fälle stellt die Entscheidung klar, dass es maßgeblich auf den Gesellschaftsvertrag ankommt. Am Anfang jedes Gesellschafterkonflikts muss also die fachkundige Auslegung des konkreten Gesellschaftsvertrags stehen. Allein der Blick auf die gesetzliche Regelung oder ähnliche Fälle reicht nicht aus.
OLG Düsseldorf, Urteil v. 20. Juli 2018 – 4 U 93/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In dieser vielbeachteten Entscheidung hat das OLG Düsseldorf zur Versicherbarkeit des Risikos einer Inanspruchnahme als Geschäftsführer aus § 64 Satz 1 GmbHG Stellung genommen. Die Klägerin war Geschäftsführerin einer GmbH und hatte eine D&O-Versicherung abgeschlossen. Dieser Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung lagen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten (ULLA) zugrunde. Danach wurde Versicherungsschutz gewährt „für den Fall, dass eine versicherte Person […] wegen einer […] Pflichtverletzung […] für einen Vermögensschaden von der Versicherungsnehmerin oder einem Dritten (hierzu zählt auch der Insolvenzverwalter) auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. […]“. In der Folgezeit wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, deren Geschäftsführerin die Klägerin war. Der Insolvenzverwalter nahm die Klägerin unter anderem gemäß § 64 Satz 1 GmbHG wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch und erwirkte darüber ein rechtskräftiges Urteil. Gegenstand des dem OLG Düsseldorf vorliegenden Rechtstreits war in diesem Zusammenhang, ob die Haftung von der D&O-Versicherung gedeckt war.
Entscheidung
Nach Auffassung des Senats war die Versicherung nicht zur Zahlung verpflichtet. Der vom Insolvenzverwalter erhobene Zahlungsanspruch aus § 64 Satz 1 GmbHG sei vom Versicherungsvertrag nicht umfasst. Im Gegensatz zu einem Schadensersatzanspruch bestehe die Haftung aus § 64 Satz 1 GmbHG unabhängig davon, ob ein Schaden entstanden sei. Der Anspruch aus § 64 Satz 1 GmbHG sei ein Ersatzanspruch eigener Art und diene dem Interesse der Gläubigergesamtheit. Der entschiedene Unterschied zu Schadensersatzansprüchen im Sinne der einschlägigen Versicherungsbedingungen, sei anspruchsbegründend allein die Zahlung. Auf den Eintritt eines Schadens komme es nicht an.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Diese Rechtsprechung des OLG Düsseldorf offenbart Deckungslücken in den Standard-D&O-Versicherungen, denn in der Regel sind Ansprüche aus § 64 Abs. 1 GmbH nicht ausdrücklich in die Versicherungsverträge einbezogen. Der Versicherungsmarkt wird sich aber voraussichtlich auf diese Rechtsprechung einstellen. Bestehende D&O-Versicherungen sollten auf ihren Deckungsumfang überprüft werden. Sind die Ansprüche aus § 64 Abs. 1 GmbHG nicht umfasst, kann mit der Versicherung geklärt werden, ob und unter welchen Bedingungen eine Nachversicherung abgeschlossen werden kann.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – II ZR 24/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Gegenstand dieses Urteils war die Frage der Schadensersatzpflicht des Vorstands einer Aktiengesellschaft wegen Überschreitung seines Kompetenzrahmens.
Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, deren Alleinaktionärin die Stadt D war, wandte sich mit der Klage gegen ihren Vorstand. Wirtschaftlicher Hintergrund war, dass die Klägerin plante, ein Schloss nebst Wirtschaftshof von der Stadt D zu übernehmen, um dieses sodann für Veranstaltungen zu vermieten und den Wirtschaftshof in Appartements umzubauen. Die Sanierungskosten bezifferten sich anfangs auf ca. 1,3 Mio. EUR für das Schloss und ca. 2 Mio. EUR für den Wirtschaftshof. In der Satzung der Aktiengesellschaft war festgelegt, dass für Bauten und Neuanschaffungen, die 200.000,00 EUR überschritten, die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich ist. Diese Zustimmung holte der Beklagte ein. In der Folgezeit erhöhten sich die Kosten für die Sanierung des Wirtschaftshofs laut eines erneuten Gutachtens auf ca. 6,4 Mio. EUR. Hierüber informierte der Beklagte jedoch lediglich den Oberbürgermeister der Stadt D, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Klägerin war. Eine Sanierung des Wirtschaftshofs unterblieb. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten Ersatz der Schäden, die sie aufgrund der unterbliebenen Sanierung erlitt.
Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH benötigt der Vorstand einer Gesellschaft die Zustimmung des Aufsichtsrats bei bestimmten, durch die Satzung festgelegten Geschäften. Diese ist grundsätzlich vor der Vornahme des Geschäfts einzuholen. Erforderlich ist in solchem Fall die Zustimmung des gesamten Aufsichtsrats und nicht nur des Aufsichtsratsvorsitzenden. Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG hätte der Beklagte den Aufsichtsrat über die erhöhten Kosten in Kenntnis setzen und eine erneuten Zustimmungsbeschluss einholen müssen. Diese erforderliche Zustimmung kann auch nicht durch eine nachträgliche Genehmigung ersetzt werden, wenn die Satzung, wie hier, ausdrücklich bestimmt, dass eine vorherige Zustimmung notwendig ist. Denn § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, auf dem die Satzungsregelung maßgeblich basiert, hat den Zweck, dass der Vorstand durch den Aufsichtsrat vorbeugend kontrolliert werden kann und Maßnahmen, die gegebenenfalls nicht mehr rückgängig gemacht werden können, von vornherein unterbunden werden können. Auch die Einwilligung des Aufsichtsratsvorsitzenden, hier also des Oberbürgermeisters, ersetzt die Zustimmung des Aufsichtsrats per Beschluss nach § 108 Abs. 1 AktG nicht.
Mit Erfolg konnte sich der Beklagte allerdings auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen: Ihm gelang der Nachweis, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn der Aufsichtsrat seine Zustimmung erteilt hätte. Aus diesem Grund verneinte der BGH im Ergebnis den Schadensersatzanspruch.
BGH, Urteil vom 3. Juli 2018 – II ZR 452/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass die Gesellschafterversammlung für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Dienstvertrags eines GmbH-Geschäftsführers zuständig ist. Der Kläger gründete gemeinsam mit zwei Sozien eine GbR. Diese Rechtsanwalts-GbR wiederum gründete eine GmbH – die Beklagte in diesem Verfahren – die das Geschäft der GbR übernahm. Der Kläger war Geschäftsführer der Beklagten und hatte mit dieser einen Dienstvertrag geschlossen. Ab Mai 2015 zahlte die Beklagte dem Kläger keine Vergütung mehr. Einen Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten hierüber gab es nicht. Der Geschäftsführer mahnte daraufhin die ausstehende Vergütung an. Die Gesellschaft kündigte den Dienstvertrag unter Freistellung des Klägers, verbunden mit einem Hausverbot. Der Kläger kündigte daraufhin seinerseits den Dienstvertrag fristlos. Die Klage richtete sich auf Zahlung der Geschäftsführervergütung.
Entscheidung
Die Gesellschafterversammlung einer GmbH ist bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen das einzig befugte Organ, das Dienstverhältnis eines Geschäftsführers zu ändern. Die Entscheidung über die Einstellung der Vergütungszahlungen hätte also von der Gesellschafterversammlung beschlossen werden müssen. Ein weiterer oder neuer Geschäftsführer ist nur dann vertretungsberechtigt, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis des abberufenen Geschäftsführers in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat, also nach der Abberufung.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Der BGH stützt seine Entscheidung auf die sogenannte Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers. Da nach § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung für die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie für deren Entlastung zuständig ist, liegt bei ihr auch die alleinige Zuständigkeit für den Dienstvertrag des Geschäftsführers. So soll vermieden werden, dass Änderungen des Dienstvertrags, die in erheblicher Weise die Entscheidung der Gesellschafter über die Organstellung des Geschäftsführers beeinflussen können, von einem anderen Organ vereinbart werden. Außerdem vermeidet die Kompetenz der Gesellschafterversammlung, dass zwischen mehreren Geschäftsführern Regelungen zum Dienstvertrag allein aus kollegialer Rücksichtnahme vereinbart werden, ohne dass diese von der Gesellschafterversammlung konsentiert sind. Eine abweichende Kompetenzzuweisung kann in der Satzung erfolgen.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2018 – II ZR 205/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In diesem Urteil hat der BGH grundlegende Fragen des Notgeschäftsführungsrechts in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geklärt. Der Kläger war Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR. Diese war alleinige Gesellschafterin der beklagten GmbH, zu deren Geschäftsführer der Kläger bestellt worden ist. Es kam zu Konflikten zwischen den GbR-Gesellschaftern. Diese mündeten darin, dass in der GmbH-Gesellschafterversammlung der Beklagten nach vorheriger Beschlussfassung in der GbR unter anderem die sofortige Abberufung des Klägers als GmbH-Geschäftsführer der Beklagten und der Ausschluss des Klägers aus wichtigem Grund aus der GbR beschlossen wurden. Gegen diese Beschlussfassung wandte sich der Kläger mit seiner Klage. Dabei berief er sich insbesondere auf das Notgeschäftsführungsrecht, die Rechte der GbR bei der Beschlussmängelklage geltend machen zu können.
Entscheidung
Nach § 744 Abs. 2 BGB kann der Teilhaber einer Gemeinschaft die zur Erhaltung der Gemeinschaft notwendigen Maßnahmen ohne Zustimmung der anderen Teilhaber treffen (Notgeschäftsführungsrecht). § 744 Abs. 2 BGB ist analog auch auf den Gesellschafter einer GbR anzuwenden. Es greift nicht nur, wenn Maßnahmen zu Erhaltung eines Gegenstandes des Gesamthandsvermögens vorzunehmen sind, sondern auch, wenn der Gesellschaft selbst eine akute Gefahr droht und zu deren Abwendung ein rasches Handeln erforderlich ist.
Diese Voraussetzungen lagen in dem zu entscheidenden Fall nicht vor. Es fehlte es an der Abwendung einer Gefahr für die Gesellschaft. Die alleinige Wahrung eigener Interessen des Gesellschafters reicht für das Notgeschäftsführungsrecht nicht aus.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Das Notgeschäftsführungsrecht soll die Handlungsfähigkeit der jeweiligen Gesellschaft sicherstellen, wenn eine Geschäftsführungsmaßnahme ansteht, aber nicht durchgeführt wird. Da damit bei innergesellschaftlichen Konflikten in das Kompetenzgefüge eingegriffen wird, ist sein Anwendungsbereich von besonderen Voraussetzungen abhängig, die für jeden Einzelfall zu prüfen sind.
OLG München, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 31 Wx 122/18
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hat in diesem Beschluss entschieden, dass eine Aktionärsminderheit während des Insolvenzverfahrens eine Hauptversammlung nach § 122 AktG einberufen darf. Die Antragsteller waren Gesellschafter der Antragsgegnerin, einer Aktiengesellschaft, und verfügten gemeinsam über mindestens 5 % des Grundkapitals. Über das Vermögen der Aktiengesellschaft war das Insolvenzverfahren mit der Anordnung von Eigenverwaltung eröffnet worden. Der Vorstand hatte auf die Aufforderung der Antragsteller, eine Hauptversammlung einzuberufen, nicht reagiert. Daraufhin beantragten diese, nach § 122 Abs. 3 S. 1 AktG ermächtigt zu werden, selbst eine Hauptversammlung einzuberufen.
Entscheidung
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens schließt zwar das Einberufungsverlangen nach § 122 AktG nicht aus. Die Beschlussgegenstände müssen jedoch mit der Regelung zur Eigenverwaltung in § 276a InsO vereinbar sein, wonach eine Einflussnahme auf die Geschäftsführung vermieden werden soll. Der Beschluss der Hauptversammlung über masseunabhängige oder neutrale Maßnahmen bleibt möglich, auch wenn das Insolvenzverfahren bereits eröffnet ist. Das Insolvenzverfahren bewirkt nur dann eine Sperrwirkung, wenn der Planinhalt beeinträchtigt wird. So können wirksam Aufsichtsratsmitglieder bestellt und abberufen werden. Es können Satzungsänderungen beschlossen werden, wenn sie insolvenzzweckneutral sind und auch Sonderprüfungen nach § 142 AktG angeordnet werden.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung ist richtungsweisend zum Wirkungsradius von § 276a InsO, der die gesellschaftsrechtlichen Bindungen der Geschäftsleitung während der Eigenverwaltung im eröffneten Insolvenzverfahren regelt. Die innergesellschaftliche Kompetenzordnung wird in diesen Fällen insolvenzrechtlich überlagert. Der Senat hat in diesem Urteil deutlich gemacht, dass die Gesellschafterversammlung handlungs- und entscheidungsfähig bleibt.
LG Bonn, Beschluss vom 24. April 2018 – 33 T 55/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das LG Bonn hatte in dieser Entscheidung zur der Frage Stellung zu nehmen, ob eine GmbH & Co. KG zur Offenlegung verpflichtet bleibt, wenn ihre einzige Komplementärin aus der Gesellschaft ausscheidet. Im Streitfall war die Komplementär-GmbH mit Eintragung vom 28. Mai 2013 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht worden. Für das Geschäftsjahr vom 1. November 2013 bis zum 31. Oktober 2014 wurden keine Rechnungslegungsunterlagen eingereicht.
Das Bundesamt für Justiz verhängte daraufhin – nach vorheriger Androhung unter einer Nachfristsetzung – ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde war begründet und führte zur Aufhebung der Ordnungsgeldentscheidung.
Nach der Auffassung des Gerichts bestand im relevanten Zeitraum keine Offenlegungspflicht mehr, da in dem fraglichen Geschäftsjahr die Beschwerdeführerin keine KG mehr war, sondern eine OHG. Zwar kann eine Kommanditgesellschaft vorübergehend ohne Komplementärin existieren, da sie nach Ausscheiden des einzigen Komplementärs aufgelöst wird und abzuwickeln ist. Wird aber – wie im Streitfall – weder ein neuer Komplementär aufgenommen noch die Liquidation nachhaltig betrieben, wandelt sich die Gesellschaft kraft Rechtsformzwang in eine OHG. Da die Gesellschaft als OHG nicht zur Offenlegung verpflichtet ist, war die Ordnungsgeldentscheidung aufzuheben.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Besonderheit an diesem Fall war, dass laut Eintragung im Handelsregister eine Kommanditgesellschaft bestand, jedoch ohne Komplementärin, was der Definition der Kommanditgesellschaft im Grunde widerspricht. Nach § 161 Abs. 1 HGB muss bei einem Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfinden, sie sind persönlich haftende Gesellschafter. Es lag also der Fall einer Personengesellschaft ohne einen unbeschränkt haftenden Gesellschafter vor, eine Situation, die im numerus clausus der anerkannten Rechtsformen eigentlich nicht gesetzlich zugelassen wird. Sie wird aber hingenommen, da die Liquidation der Kommanditgesellschaft regelmäßig innerhalb kurzer Zeit erfolgt. Wird hingegen die Liquidation nicht nachhaltig betrieben, wandelt sich die Gesellschaft in eine OHG. Haftungsrechtlich hat dies zur Folge, dass die Gesellschafter zwingend und unbeschränkbar für alle entstandenen und entstehenden Gesellschaftsverbindlichkeiten haften.
Am 12. März 2018 hat die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Vorschriften vorgeschlagen, mit denen alternative Finanzierungsquellen gefördert und Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen abgebaut werden sollen. Ziel ist die Verwirklichung der Kapitalmarktunion. Die Kapitalmarktunion soll die europäische Wirtschaft stärken und vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen Kapital zur Expansion bereitstellen. Des Weiteren sollen mehr Anlagemöglichkeiten geschaffen, eine bessere Verknüpfung von Finanz- und Realwirtschaft erreicht und ein stärkeres und krisenfesteres Finanzsystem gewährleistet werden. Erfolgen soll dies im Einzelnen durch gemeinsame Vorschriften für gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bonds), den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds und grenzüberschreitende Forderungs- und Wertpapiergeschäfte.
Bereits am 8. März 2018 hatte die Europäische Kommission einen Aktionsplan für nachhaltige Finanzen und wettbewerbsfähige FinTechs zur Vertiefung der Kapitalmarktunion vorgestellt. Der Aktionsplan soll es dem Finanzsektor ermöglichen, die raschen Fortschritte bei neuen Technologien wie Blockchain, künstliche Intelligenz und Cloud-Diensten zu nutzen. Die Märkte sollen gleichzeitig sicherer und für neue Marktteilnehmer leichter zugänglich sein.
Konkret wurden neue Vorschriften vorgeschlagen, um es Crowdfunding-Plattformen zu ermöglichen, ihre Dienstleistungen im gesamten EU-Binnenmarkt anzubieten. Die Kommission schlägt dafür unter anderem ein europaweites Label für Crowdfunding-Plattformen vor. Durch die Förderung des Crowdfunding soll insbesondere für Start-ups und andere Kleinunternehmen der Zugang zu Finanzmitteln verbessert werden. Zum Schutz der Anleger auf Crowdfunding-Plattformen sind insbesondere Regeln für die Offenlegung von Informationen, für die Governance und das Risikomanagement vorgesehen.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Mit der Initiative zur Förderung von FinTechs reagiert die Kommission auf das starke Wachstum des Crowdfundings. Dieses soll als alternative Finanzierungsquelle für europäische Start-up-Unternehmen aktiv gefördert werden. Im deutschen Recht gibt es bereits regulative Erleichterungen für Schwarmfinanzierungen, die ausschließlich über eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt werden. So sind diese zum Beispiel unter bestimmten Voraussetzungen von der Prospektpflicht befreit (§ 2a VermAnlG). Das neue Regelwerk soll einen EU-einheitlichen Rechtsrahmen für Schutzvorschriften sowohl auf der Unternehmens- als auch auf der Anlegerseite schaffen. Wie dieser im Einzelnen aussehen wird, wird sich erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens herausstellen.
BGH, Urteil vom 6. März 2018 – II ZR 1/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in seinem Urteil entschieden, dass es bei der Auslegung eines Gesellschafterbeschlusses in einer Publikumsgesellschaft auf seinen objektiven Erklärungsbefund ankommt. Die Klägerin war ein als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründeter geschlossener Immobilienfonds. Die Gesellschaft hatte zur Bebauung der Fondsgrundstücke umfangreiche Kredite aufgenommen, die sie in der Folgezeit nicht bedienen konnte. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschloss ein Sanierungskonzept, bei dem die Gesellschafter ausscheiden sollten, die entweder gegen die Sanierung stimmten oder die entsprechenden Zahlungen bis zu einem Stichtag nicht leisten würden (nach dem Muster „Sanieren oder Ausscheiden“). Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass die Beklagte nicht ihre Gesellschafterin sei.
Entscheidung
Der Beschluss des „Sanierens oder Ausscheidens“ war nicht wirksam. Die Auslegung des Beschlusses konnte das Gericht selbst vornehmen. Beschlüsse von Publikumsgesellschaften werden nach ihrem objektiven Erklärungsbefund ausgelegt, weil aufgrund der körperschaftlichen Struktur der Gesellschaften mit einer Vielzahl von persönlich nicht miteinander verbundenen Gesellschaftern und einem wechselnden Mitgliederberstand auszugehen ist und der Inhalt des Beschlusses auch für hinzutretende Gesellschafter verlässlich bestimmt werden muss. Maßgeblich sind Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des Beschlusses aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung setzt die ständige Rechtsprechung fort, wonach Beschlüsse in Publikumspersonengesellschaften nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen sind. Es werden also nicht die allgemeinen Auslegungsgrundsätze für Personengesellschaften angewendet. Vielmehr soll wegen der körperschaftlichen Struktur dieser Gesellschaften – also einer Vielzahl von Mitgliedern, die persönlich nicht verbunden sind, und die Ausrichtung auf einen wechselnden Mitgliederbestand – ein objektiver Erklärungsbefund das Ergebnis der Auslegung sein. Auf Umstände, die in dem Beschluss keinen Niederschlag gefunden haben, kommt es bei der Auslegung des Beschlusses grundsätzlich nicht an.
OLG München, Beschluss vom 6. März 2018 – 31 Wx 321/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hat in diesem Beschluss zur Vereinbarkeit der paritätischen Besetzung des Aufsichtsrats einer deutschen Aktiengesellschaft nach den Bestimmungen des deutschen Mitbestimmungsrechts mit dem Europarecht Stellung genommen. Der Antragsteller begehrte die Feststellung, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin, einer Aktiengesellschaft und Muttergesellschaft eines internationalen Handels- und Dienstleistungskonzerns mit Beschäftigten in Deutschland und weiteren EU-Staaten, nicht paritätisch, sondern nach § 96 Abs. 1 Var. 6 AktG nur aus Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner zu besetzen sei. Die Bestimmungen des deutschen Mitbestimmungsrechts über die Wahl der Arbeitnehmervertreter verstießen nach seiner Auffassung gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV und gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 45 AEUV. Denn das Wahlrecht werde nur den deutschen Belegschaften, nicht aber den europäischen Belegschaften zugestanden. Das sei unionsrechtswidrig. Das OLG München hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt, bis der EuGH nach Art. 267 AEUV über das Vorabentscheidungsersuchen des Kammergerichts Berlin (Beschluss vom 16. Oktober 2015, 14 W 89/15) entschieden hatte, das einen vergleichbaren Fall betraf. Der EuGH hatte die Rechtsache mit Urteil vom 18. Juli 2017, C-566/15, entschieden und keine Unvereinbarkeit der mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften mit dem Europarecht festgestellt.
Entscheidung
Das OLG München wies den Feststellungsantrag im vorliegenden Statusverfahren entsprechend der Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH als unbegründet ab. Die paritätische Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften verstößt nicht gegen das Unionsrecht.
Am 1. März 2018 ist die neue Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) in Kraft getreten. Sie ersetzt die bisherige DIS-Schiedsgerichtsordnung von 1998.
Ein wesentliches Ziel dieser Reform ist es, einen Rahmen für ein effizientes und transparentes Verfahren zu schaffen, das im internationalen Vergleich der Schiedsgerichtsordnungen auf dem neuesten Stand ist. So nimmt die DIS künftig dem jeweiligen Schiedsgericht zu dessen Entlastung bestimmte administrative Aufgaben ab, die Konstituierung des Schiedsgerichts wird beschleunigt und der Einsatz von Einzelschiedsrichtern verstärkt. Gleichzeitig steht die neue Schiedsgerichtordnung in der Tradition der deutschen Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Insbesondere wird der Förderung der einvernehmlichen Streitbeilegung weiterhin ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Das Schiedsgericht soll, sofern keine Partei widerspricht, in jeder Phase des Verfahrens eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte fördern.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Erledigung von Streitigkeiten nach den neuen DIS-Verfahrensregeln kann in Vertragswerken durch eine Schiedsvereinbarung unter Bezugnahme auf die DIS-Schiedsgerichtsordnung vorgesehen werden. Für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten gibt es ergänzende Regeln, die in einer Anlage zur DIS-Schiedsgerichtsordnung (Anlage 5) zusammengefasst sind und deren Anwendung mit einer besonderen Bezugnahme auf diese Anlage vereinbart wird.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. Januar 2018 – 3-03 O 8/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das LG Frankfurt am Main hat entschieden, dass einer actio pro socio, also einer Klage eines Gesellschafters im eigenen Namen in Prozessstandschaft für die Gesellschaft, im laufenden Prozess durch Entlastung der Komplementärin die Grundlage entzogen werden kann. Der Kläger und die vier Beklagten hatten 1993 eine GmbH & Co. KG gegründet, um eine Immobilie zu erwerben. Der Kläger und einer der Beklagten (Beklagter zu 1)) waren bis 2008 beide Geschäftsführer der Komplementärin, danach war der Beklagte zu 1) alleiniger Geschäftsführer. Ab 1999 wurde die Immobilie von einem Immobilienverwalter verwaltet. Ab 2007 veruntreute dieser Gelder in Höhe von ca. 500.000 EUR. Der Kläger erhob Klage gegen den Beklagten, da dieser die Pflicht gehabt und verletzt habe, den Verwalter zu überprüfen. Der Beklagte wurde daraufhin in einer nach Klageerhebung abgehaltenen Gesellschafterversammlung von den anderen Gesellschaftern entlastet. Der Kläger war der Auffassung, dass der Beschluss treuwidrig und damit nichtig gewesen sei, da er in Kenntnis der laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung gefasst worden sei.
Entscheidung
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Die Feststellungsklage ist die richtige Klageart, wenn sich ein Gesellschafter einer Personengesellschaft gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung wendet. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Entlastung eines Geschäftsführers der Komplementärin ist auch während der Dauer eines Organstreitverfahrens zulässig. Die actio pro socio ermöglicht es dem einzelnen Gesellschafter, einen Anspruch der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter gerichtlich geltend zu machen, wenn das eigentlich zuständige Vertretungsorgan den Anspruch nicht geltend macht. Die Gesellschaft kann jedoch trotzdem über den Anspruch verfügen, insbesondere auf ihn verzichten. Dabei muss zwischen der Willensbildung innerhalb der Gesellschaft und der Geltendmachung eines Anspruchs einer Gesellschaft differenziert werden. Den Gesellschaftern steht im Rahmen der Entlastungsentscheidung grundsätzlich ein weites, aber an die Treuepflicht gebundenes Ermessen zu. Nur bei schweren Gesetzesverstößen oder Verletzungen des Gesellschaftsvertrags sowie bei gravierenden Pflichtverletzungen des Geschäftsführers ist der Entlastungsbeschluss treuwidrig und damit nichtig. Auch der Schwere des Schadens kommt bei der Gesamtwürdigung aller Umstände eine erhebliche Bedeutung zu. Der Beschluss ist ferner nichtig, wenn ein Missbrauch der Mehrheitsherrschaft vorliegt, zum Beispiel bei kollusivem Zusammenwirken der Mehrheit und dem Geschäftsführer. Das ist in einer Gesamtwürdigung der Umstände zu ermitteln. In vorliegendem Fall war jedoch keine dieser Fallgruppen gegeben. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Schaden über die Jahre hinweg entstanden und im Vergleich zum Wert der Immobilie nicht so hoch war, dass die Entlastungsentscheidung pflichtwidrig erschien.
OLG Saarbrücken, Beschluss v. 16. Januar 2018 – 5 W 73/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Saarbrücken hat in diesem Beschluss verdeutlicht, dass eine Firmenfortführung im Sinne des § 25 Abs. 1 HGB mehr erfordert als die Verwendung eines der Firma ähnlichen Namens als bloße Marke oder Geschäftsbezeichnung. Die Antragstellerin hatte von einer GmbH umfangreiche Vermögenswerte erworben. Es wurde vereinbart, dass die Antragstellerin den Namen der GmbH im Rechtsverkehr verwenden konnte. Deshalb wollte sie den Haftungsausschluss nach § 25 Abs. 2 HGB zum Handelsregister anmelden. Das Amtsgericht lehnte die Eintragung ab, weil es sich dabei nicht um eine Firmenfortführung im Sinne des § 25 HGB handelte, sondern um eine bloße Verwendung des Namens im Rechtsverkehr. Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB greift nur ein, wenn zwar der Unternehmensträger wechselt, das Unternehmen selbst aber im Wesentlichen unverändert unter der alten Firmenbezeichnung fortgeführt wird. Die von dem bisherigen Geschäftsinhaber geführte und die von dem Erwerber weitergeführte Firma muss aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise eine derart prägende Kraft haben, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortführung der bisherigen Firma sieht. Wichtig ist dabei, dass der Kern der Firma erhalten bleibt. Lediglich die Weiterführung einer bloßen Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung fällt nicht unter § 25 Abs. 1 HGB. Im vorliegenden Fall fehlte es an der Firmenfortführung. Zwar haben Geschäftsbezeichnungen auch eine Namensfunktion, allerdings benennen sie Unternehmen oder Unternehmensteile, vor allem aber Betriebsstätten. Handelsgesellschaften können nur eine Firma führen, aber mehrere Geschäftsbezeichnungen haben. Die Geschäftsbezeichnung wird dann ähnlich wie eine Marke verwendet.
2017
OLG Brandenburg, Urteil v. 28. Dezember 2017 – 6 U 40/16
Sachverhalt und Verfahrensgegenstand
Das OLG Brandenburg hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Ausschluss eines Mitglieds aus einer Genossenschaft wirksam ist, wenn der Förderzweck der Genossenschaft unter Berücksichtigung von Gesetz, Satzung, Treu und Glauben durch erhebliche Pflichtverletzungen des Mitglieds gestört wird. Der Kläger war Mitglied in der beklagten Genossenschaft, die einem Zusammenschluss niedergelassener Augenärzte bildet. Im Jahr 2010 schloss sich der Kläger in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft mit weiteren niedergelassenen Augenärzten zusammen, die Mitglied in einem konkurrierenden Verband waren. Die Genossenschaft schloss ihn daraufhin aus, zum einen mit der Begründung, dass die Voraussetzungen der Mitgliedschaft durch den neuen Zusammenschluss nicht mehr vorlägen, des Weiteren aufgrund konkreter Vorwürfe. Er habe eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Katarakt-Operationen am Wochenende durchgeführt, die nach seinem Fähigkeitsgrad nicht oder nur schwer möglich waren. Die Genossenschaft warf ihm zudem vor, diese von der Krankenkasse über die Genossenschaft bezuschussten Operationen vertragswidrig nicht persönlich erbracht zu haben. Außerdem hatte er den Patienten Leistungen in Rechnung gestellt, die von der Krankenkasse bereits in einer Pauschale übernommen worden waren. Aufgrund dessen musste die Genossenschaft Teile der Pauschalvergütung an die Krankenkasse zurückzahlen. Der Kläger wandte sich mit seiner Klage gegen den Ausschluss. Das Landgericht hat der Klage in der ersten Instanz stattgegeben. Dagegen wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Entscheidung
Das OLG Brandenburg hielt den Ausschluss des Klägers für rechtswirksam. Ein Ausschluss darf die Satzung der Genossenschaft nur vorsehen für Fälle, in denen der Förderzweck durch den betroffenen Genossen gestört wird. Die Ausschlussgründe müssen klar und unmissverständlich formuliert sein. Dem genügte die dem Senat vorliegende Satzung. Das Gericht darf nicht die Zweckmäßigkeit des Ausschlusses und die Ermessensausübung des zuständigen Organs der Genossenschaft beurteilen. Im Rahmen der sachlichen Berechtigung ist nur zu prüfen, ob unter Berücksichtigung von Gesetz, Satzung, Treu und Glauben und des zwischen der Genossenschaft und seinen Mitgliedern bestehenden Treueverhältnisses der Ausschluss gerechtfertigt werden kann. Anknüpfungspunkt ist dabei der Förderzweck der Genossenschaft nach § 1 Abs. 1 GenG. Grundsätzlich trägt bezüglich der Ausschlussgründe die Genossenschaft die Darlegungs- und Beweislast. Im vorliegenden Fall hätte der Kläger nach der Auffassung des Senats zur Sachaufklärung beitragen müssen. Um seinem Ausschluss vorzubeugen, hätte er den von der Genossenschaft verlangten Besuch seiner Praxis zum Zeitpunkt der Katarakt-Operationen ermöglichen müssen, um diese so von seiner Operationsfähigkeit zu überzeugen. Trotz mehrfacher Aufklärungsversuche war der Kläger dem nicht nachgekommen. Aufgrund des finanziellen Schadens der Genossenschaft und des gestörten Treueverhältnisses zum Kläger war kein milderes Mittel als der Ausschluss aus der Genossenschaft ersichtlich. Die Sanktion genügt deswegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, auch wenn ein Ausschluss nur die „ultima ratio“ sein soll.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 255/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass der Kommanditist einer GmbH & Co. KG im eigenen Namen keine Schadensersatzansprüche der Kommanditgesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend machen kann. Die Kläger waren Erben der alleinigen Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG. Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Er erwarb 2006 ein Grundstück für die A. GmbH & Co. KG in Vertretung der Komplementär-GmbH, welche wiederum in Vertretung für die A. GmbH & Co. KG handelte. Die Kläger machten geltend, dass der Beklagte das Grundstück wissentlich zu einem überhöhten Preis erworben habe.
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Die Kläger konnten mangels Prozessführungsbefugnis keinen Anspruch der A. GmbH & Co. KG auf Zahlung von Schadensersatz im eigenen Namen geltend machen. Die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen der Kommanditgesellschaft gegen einen Fremdgeschäftsführer obliegt deren geschäftsführender Gesellschafterin, der Komplementär-GmbH. Zwar wird teilweise angenommen, dass den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG der unmittelbare Durchgriff auf den Fremdgeschäftsführer wegen Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft ermöglicht werden muss, allerdings folgt dem der BGH nicht. Die Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers bei der Geschäftsführung für die GmbH als Komplementärin und für die Kommanditgesellschaft muss sich die Komplementär-GmbH nach § 31 BGB zurechnen lassen. Die Komplementär-GmbH ist gegenüber der Kommanditgesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet, sie hat jedoch selbst einen Ersatzanspruch gegen ihren Geschäftsführer aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Die Ansprüche gegen die Komplementär-GmbH können die Gesellschafter der KG im Rahmen der actio pro socio geltend machen. Ein solcher Anspruch wurde vorliegend jedoch nicht geltend gemacht.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2017 – I-6 U 225/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Düsseldorf hat in diesem Urteil entschieden, dass bei der Beschlussfassung über die Veräußerung einer Fondsimmobilie, die nahezu das gesamte Gesellschaftsvermögen ausmacht, die Gesellschafter aufgrund ihrer gesellschaftlichen Treuepflicht zur Zustimmung verpflichtet sind, wenn anderenfalls die Insolvenz der Fondsgesellschaft droht. Die Klägerin war an der Beklagten, einem Immobilienfonds, beteiligt. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten war der Erwerb und die Veräußerung von Grundbesitz und die Errichtung von Gebäuden, deren Vermietung, Verwaltung und Veräußerung. Einziges Anlageobjekt war ein Grundstück mit Hotel und Golfplatz, das verpachtet war. Aufgrund einer drohenden Insolvenz entschied sich die Geschäftsführung der Beklagten dazu, das Objekt zu veräußern. In der einberufenen Gesellschafterversammlung erhielt sie von der einfachen Mehrheit der Stimmen die Zustimmung zur Veräußerung. Gegen diesen Beschluss wandte sich die Klägerin. Ihrer Auffassung nach handelte es sich um einen Beschluss, der die Übertragung des Unternehmens im Ganzen zum Inhalt hatte, wonach nach dem Gesellschaftsvertrag eine Dreiviertelmehrheit erforderlich sei.
Entscheidung
Das OLG Düsseldorf nahm im Rahmen der Feststellungsklage für den Beschluss formal ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis an. Dieses folge aus der Auslegung des Gesellschaftsvertrags und der analogen Anwendung des § 179a AktG. Nach § 179a AktG bedarf es für einen Hauptversammlungsbeschluss einer Aktiengesellschaft, der die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens betrifft, einer qualifizierten Mehrheit. Zwar sprach sich der Senat für die Übertragung dieses Rechtsgedankens auf Publikumspersonengesellschaften aus. Darauf konnte sich die Klägerin aber nicht berufen. Denn die Gesellschafter waren aufgrund ihrer Treuepflicht zur Zustimmung verpflichtet, da die Veräußerung des Objekts alternativlos und der Klägerin auch zumutbar war.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Frage, welches Mehrheitserfordernis gilt, ist immer wieder Gegenstand gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten. Die Rechtslage ist komplex. Es kommt zunächst auf die Regelungen des Gesellschaftsvertrags an. Dieser ist im Detail zu analysieren und auszulegen. Sieht der Gesellschaftsvertrag die Beschlussfassung mit einer Mehrheit der Stimmen vor, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einer wertenden Abwägung festzustellen, ob aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles ein höheres Quorum geboten ist.
BGH, Urteil vom 8. November 2017 – XII ZR 108/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in dieser Entscheidung zur Unternehmensbewertung für den Zugewinnausgleich Stellung genommen. Im Vermögen des einen Ehegatten war eine Unternehmensbeteiligung in Höhe von 25 % an einer nicht börsennotierten kleinen Aktiengesellschaft. Von deren Bewertung hing die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs ab.
Entscheidung
Der Senat hat in seiner Urteilsbegründung zwei wesentliche Feststellungen zur Bewertung getroffen:
- Das Ertragswertverfahren ist im Regelfall geeignet, um zur Bemessungsgrundlage für den Wert eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen. Bei diesem Bewertungsverfahren wird das Unternehmen als Ganzes bewertet, indem die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt wird (Zukunftserfolgswert). Dafür werden zunächst die Erträge der vergangenen Jahre, in der Regel der letzten drei bis fünf Jahre, gewichtet, wobei die jüngeren Jahre größere Bedeutung haben als weiter zurückliegende. Dann werden auf dieser Grundlage die Erträge der künftigen Jahre prognostiziert. Auf den Wert der einzelnen Gegenstände kommt es insoweit nicht an. Der Unternehmenswert wird nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aus der Eigenschaft des Unternehmens entwickelt, ausschüttbare Überschüsse zu erwirtschaften. Diese werden kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen.
- Das reine Ertragswertverfahren kann jedoch nicht ohne Weiteres für freiberufliche Praxen und inhabergeführte Unternehmen herangezogen werden. Das liegt daran, dass sich bei diesen die für das Ertragswertverfahren wesentliche Ertragsprognose kaum von der Person des Inhabers trennen lässt. Hinzu kommt, dass der Ertrag durch unternehmerische Entscheidungen beeinflusst werden kann. Das Ertragswertverfahren muss deswegen in diesen Fällen modifiziert werden. Aus der Berechnung muss der dem Unternehmer selbst und seiner individuellen Arbeitskraft zuzurechnende Beitrag an den Erträgen herausgefiltert werden, da dieser auf dessen persönlichem Einsatz beruht und auf einen potentiellen Erwerber nicht übertragbar ist. Die Bewertung muss sich an den durchschnittlichen Erträgen orientieren. Von diesen ist ein Unternehmerlohn abzusetzen, der aus den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Inhabers abzuleiten ist.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung hat über den Bewertungsanlass, die Höhe des Zugewinnausgleichs, hinaus Bedeutung. Die Bewertung von freiberuflichen Praxen und inhabergeführten Unternehmen ist insbesondere für die Vorbereitung der Nachfolge, namentlich den Unternehmensverkauf, essentiell, aber auch etwa für das Ausscheiden gegen Abfindung. Dabei ist immer wieder streitig, inwiefern individuelle Kriterien heranzuziehen sind. Außerdem zeigt das Urteil, dass in Gerichtsverfahren, in denen es um die Bewertung geht, durchaus verschiedene Methoden zur Plausibilisierung der jeweiligen Position herangezogen werden können. Das Ertragswertverfahren ist aus Sicht des BGH im Regelfall geeignet, zu einem Unternehmenswert zu gelangen. Für freiberufliche Praxen und inhabergeführte Unternehmen muss es aber modifiziert werden.
OLG München, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 31 Wx 330/17
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hat in diesem Beschluss entschieden, dass die Erbfolge eines verstorbenen Kommanditisten beim Registergericht durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen ist, wenn die Erbenstellung von einem handschriftlichen Testament abgeleitet wird. Aus Kostengründen wollten die Beschwerdeführer keinen Erbschein beantragen. Der Nachlass belief sich insgesamt auf mindestens 100 Mio. EUR. Er bestand im Wesentlichen aus Werken bekannter Künstler. Der Wert des Kommanditanteils, für den die Umschreibung beantragt worden war, betrug jedoch nur höchstens 30.000 EUR. Die Beteiligung stammte aus einem Abschreibungsmodell und stellte für die Antragsteller keinen realen Wert mehr dar. Die Kosten für den Erbschein, der auf das gesamte Erbe hätte ausgestellt werden müssen, hätten demgegenüber rund 54.000 EUR betragen, so dass nach der Auffassung der Antragsteller wegen dieser unverhältnismäßigen Kosten der Nachweis der Erbenstellung mit einem Erbschein unangemessen gewesen wäre.
Entscheidung
Nach § 12 Abs. 1 Satz 4 HGB ist bei Anmeldungen, die der Rechtsnachfolger eines im Handelsregister eingetragenen Beteiligten vornimmt, die Rechtsnachfolge durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Ein handschriftliches Testament stellt eine solche Urkunde nicht dar. Aufgrund dessen darf das Registergericht nicht ohne den Nachweis einer öffentlichen Urkunde entscheiden, zumal es nicht seine Aufgabe ist, die Rechtsnachfolge zu prüfen. Die Tatsache, dass die Kosten des Erbscheins den Wert des Kommanditanteils im Verhältnis übersteigen, ist unbeachtlich, da die Angemessenheit der Gebühren nur anhand des Werts des Gesamtnachlasses zu messen ist, nicht anhand des Werts einzelner Vermögensgruppen oder -gegenstände.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des BGH der Erbe nicht verpflichtet, den Nachweis seines Erbrechts mit einem Erbschein zu führen. Er hat die Möglichkeit, in anderer Form seine Rechtsposition nachzuweisen. In diesem Fall kam jedoch die Sonderregelung des § 12 Abs. 1 Satz 4 HGB zur Anwendung.
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – II ZR 353/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Urteil zur Einlageleistung eines Kommanditisten Stellung genommen. Der Beklagte war Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Der Kläger war Kommanditist dieser Gesellschaft. Nach einer Klausel im Gesellschaftsvertrag wurde an die Gesellschafter jährlich ein gewinnunabhängiger Betrag gezahlt, der, obwohl er keine darlehenstypischen Regelungen enthielt, als Darlehen bezeichnet wurde. Durch diese Zahlung sollte die Haftung der Kommanditisten jedoch wiederaufleben. Vor diesem Hintergrund wurde es den Gesellschaftern freigestellt, der Auszahlung zu widersprechen. Als in der Folgezeit Liquiditätsschwierigkeiten auftraten, wandte sich die Gesellschaft an den Kläger, um die Auszahlungen wieder zurückzufordern. Dieser zahlte daraufhin die gewährten Ausschüttungen zurück. Als 2013 das Insolvenzverfahren über die Gesellschaft eröffnet worden war, meldete der Kläger einen Anspruch auf Rückgewähr der zurückgezahlten Ausschüttungen als Hauptforderung im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Mit seiner Klage begehrte er die Feststellung der angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle im Rang des § 38 InsO und zielte damit auf eine gleichberechtigte Befriedigung im Verhältnis mit den anderen Insolvenzgläubigern. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wandte sich der Kläger mit seiner Revision.
Entscheidung
Der BGH hat entschieden, dass die spätere Rückzahlung des Betrages, der dem Kommanditisten in Form von gewinnunabhängigen Ausschüttungen ausgezahlt wurde, eine erneute Einzahlung der Einlage darstellt. Zwar hat der Gesellschafter einen Anspruch auf Erstattung der zurückgezahlten Ausschüttungen. Dieser stellt jedoch nicht eine zur Tabelle feststellbare Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO dar, denn bei der Rückzahlung der Ausschüttungen handelte es sich um eine Rückzahlung der Einlage, die für die Gesellschaft den Charakter von Eigenkapital hat. Die Einlage fällt mithin nicht unter § 38 InsO. Entscheidend ist, dass in der Gesellschaftsinsolvenz nur Gläubigerrechte, nicht jedoch Mitgliedschaftsrechte, Einlagen oder Beiträge gewährt werden. Der Kläger kann zudem die Feststellung der von ihm angemeldeten Forderung zur Insolvenztabelle nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 InsO nicht verlangen. Diese können nur von einem Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden. Dem Kläger steht auch kein Regressanspruch aus § 110 HGB zu. Durch die Rückzahlung der Ausschüttungen ist die Außenhaftung des Klägers entfallen, er erbringt somit kein Sonderopfer an die Gesellschaft.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, zwischen Einlagen und sonstigen Forderungen trennscharf zu differenzieren. Im Kern begehrte der Kläger die erneute Auszahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen. In den Entscheidungsgründen entwickelt der BGH den gesellschaftsrechtlichen Hintergrund der Zahlung anhand verschiedener denkbarer Ansprüche. Einen Bereicherungsanspruch hat der Kläger nicht, weil die Rückzahlung der Einlage sich für ihn haftungsbegrenzend ausgewirkt hat und somit nicht rechtsgrundlos erfolgte. Dem Kläger steht aus diesem Grund auch kein Regressanspruch aus § 110 HGB zu, da er kein Sonderopfer an die Gesellschaft erbracht hat, sondern die Zahlung der eigenen Haftungsbegrenzung diente.
BGH, Urteil v. 25. Juli 2017 – II ZR 235/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Urteil zur Frage der wirksamen Vertretung einer Aktiengesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG) Stellung genommen. Der Kläger und der Beklagte waren an verschiedenen Gesellschaften einer Unternehmensgruppe unmittelbar und mittelbar beteiligt. Der Beklagte war Vorstandsvorsitzender der E. AG, der Kläger Mitglied des Aufsichtsrats. Zur Beendigung diverser Streitigkeiten zwischen ihnen schlossen die Parteien mehrere Vereinbarungen. In der ersten Vereinbarung (Vereinbarung I) legten sie fest, dass der Streit beigelegt und ein Interessenausgleich geschaffen werden sollte, um die Voraussetzungen für die Umstrukturierung der Unternehmensgruppe herbeiführen zu können. Die Vereinbarung I wurde zwischen der E. AG, vertreten durch zwei Vorstandsmitglieder, und zwischen den Parteien geschlossen. Im darauffolgenden Jahr kündigte der Beklagte gegenüber dem Kläger die Vereinbarungen außerordentlich, hilfsweise ordentlich, falls die Vereinbarungen wirksam abgeschlossen worden sein sollten. Der Kläger begehrte die Feststellung, dass die Kündigung des Beklagten nicht zur Beendigung der Vereinbarung I geführt hat.
Entscheidung
Der Senat stellte fest, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hatte, ob die Vereinbarungen wirksam abgeschlossen worden waren und fortbestanden. An der Vereinbarung I waren zwar sowohl die E. AG als auch der Beklagte als ihr Vorstandsvorsitzender beteiligt. Das allein begründet nach Ansicht des Senats entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts jedoch noch keinen Verstoß gegen § 112 AktG. Ein rechtsgeschäftliches Handeln der AG gegenüber dem Vorstandsmitglied im Sinne von § 112 AktG liegt nur dann vor, wenn die AG und das Vorstandmitglied gegenläufige Willenserklärungen abgeben. Im Streitfall folgten aus der Vereinbarung I nur Pflichten des Klägers, der Beklagte wurde ihrem Wortlaut nach nicht berechtigt oder verpflichtet. Damit lagen keine gegenläufigen Willenserklärungen des Beklagten und der
E. AG vor, sondern parallele Willenserklärungen gegenüber einem Dritten.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung betrifft die wichtige Frage der Binnenkompetenz in einer Governance-Struktur. Die Gremien einer Aktiengesellschaft stehen regelmäßig vor der Frage, wie sie im Verhältnis zueinander agieren können und müssen. Dazu gehört die in diesem Urteil entscheidungsrelevante Frage, wer die AG gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern vertritt. Nach § 112 Satz 1 AktG vertritt der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft gerichtlich und außergerichtlich gegenüber Vorstandsmitgliedern. Die außergerichtliche Vertretung erstreckt sich auf alle Rechtsgeschäfte. Sie gilt jedoch nicht, wenn – wie im Streitfall – kein Rechtsgeschäft in Rede steht.
OLG München, Urteil vom 19. Juli 2017 – 20 U 4419/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hat in dem Urteil zu den Voraussetzungen einer Kündigung eines Partnerschaftsvertrages Stellung genommen. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob eine Partnerschaftsgesellschaft zwischen Patentanwälten wirksam gekündigt worden war. Die Partnerschaftsgesellschaft war zuvor durch Verschmelzung dreier Patentanwaltsgesellschaften mit zwei Standorten gebildet worden. Im Gesellschaftsvertrag war vereinbart worden, dass die Kündigung schriftlich gegenüber der Gesellschaft und den anderen Partnern zu erklären sei. Nach der Durchführung der Verschmelzung entstand ein Gesellschafterstreit zwischen einzelnen Gesellschaftern, der in einem Anfechtungs- und Kündigungsschreiben zweier Gesellschafter an zwei weitere Gesellschafter mündete.
Entscheidung
Der Senat hielt die Anfechtungserklärung nicht für wirksam, weil sie nicht allen Erklärungsempfängern zugegangen war. Aus diesem Grund war auch die Kündigung nicht wirksam erklärt worden. Da der Gesellschaftsvertrag eindeutig die Erklärung sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch allen Partnern vorsah, reichte die Kündigungserklärung gegenüber nur einigen Partnern nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar die Weiterleitung oder Benachrichtigung der anderen Gesellschafter von der an die Gesellschaft gerichteten Kündigung für den Zugang der Kündigung im Rahmen der gesetzlichen Kündigungsregelung der § 723 BGB ausreichen. Das gilt jedoch nicht, wenn ausdrücklich eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Das Urteil verdeutlicht, wie wichtig eine Prüfung des Gesellschaftsvertrags vor Ausspruch der Kündigung einer Partnerschaftsgesellschaft ist. Insbesondere bei Partnerschaftsgesellschaften kann die persönliche – partnerschaftliche – Verbindung im Gesellschaftsvertrag betont werden, indem über die gesetzlichen Anforderungen hinaus die Kündigung jedem Partner gegenüber erklärt werden muss.
LG München II, Urteil vom 30. Juni 2017 – 13 O 2376/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das LG München II hat in diesem Urteil entschieden, dass es die wesentliche Aufgabe eines Geschäftsführers ist, den Gesellschaftszweck möglichst effektiv zu verfolgen. Er darf vor diesem Hintergrund auch Verträge mit Dritten verändern, wenn nur dadurch das Vertragsverhältnis weiter bestehen kann. Die Klägerin war eine GmbH, die Immobilien als Kapitalanlage vermittelte. Sie hatte eine Rahmenvereinbarung mit einer anderen GmbH geschlossen, wonach die Klägerin Objekte, die dem Vertrieb der anderen GmbH unterlagen, eigenen Kunden zum Verkauf anbieten konnte. Zudem bestand eine Vertragsklausel, die den Kundenschutz und die Geheimhaltung sicherstellen sollte. Der Beklagte war Geschäftsführer der Klägerin. Er vereinbarte mit der anderen GmbH, dass die Provision herabgesetzt und die Kundenschutzklausel gestrichen wurde. Die Klägerin machte geltend, dass ihr aufgrund der niedrigeren Provision und der Streichung der Kundenschutzklausel ein Schaden entstanden sei.
Entscheidung
Der Geschäftsführer hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden, andernfalls kann er auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Es sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Vorliegend wollte der Vertragspartner den Vertrag mit der Klägerin kündigen. Das konnte der Beklagte nur verhindern, indem er eine geringere Provision vereinbarte. Mithin handelte er im Interesse der Gesellschaft und damit nicht sorgfaltswidrig. Für die Klägerin ergab sich unter Beachtung der Gesamtumstände kein nachteiliges Geschäft. Bezüglich der Streichung der Kundenschutzklausel
war die Klage jedoch begründet. Es waren keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass auch diese Maßnahme zur Rettung des Vertragsverhältnisses nötig war. Der Beklagte handelte im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft sorgfaltswidrig. Für den sich daraus ergebende Schaden hatte die Klägerin einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, § 43 Abs. 1, Abs. 2 GmbHG.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Das neue Transparenzregister ist ein Compliance-Thema von erheblicher Bedeutung. Das Gesetz sieht bei Verstoß gegen die Meldepflichten empfindliche Bußgelder vor. (7. Juli 2017, Dr. Christian Rosner)
Seit dem 26. Juni 2017 ist ein Gesetz in Kraft (Gesetz vom 23. Juni 2017, Bundesgesetzblatt Teil I 2017, S. 1822), mit dem ein neues Register eingeführt wird: In einem zentralen elektronischen Transparenzregister werden künftig die wirtschaftlich Berechtigten erfasst, die hinter juristischen Personen des Privatrechts, eingetragenen Personengesellschaften, Trusts und vergleichbaren Rechtsgestaltungen stehen.
Daraus folgt für die Vertretungsorgane aller juristischen Personen des Privatrechts und eingetragenen Personengesellschaften ein akuter Prüfungs- und Handlungsbedarf. Diese werden gesetzlich verpflichtet, bestimmte Angaben zu den jeweiligen wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen. Nicht gemeldet werden müssen Angaben, die bereits aus anderen Registern elektronisch abrufbar sind (zum Beispiel die Angaben in einer elektronisch eingereichten Gesellschafterliste beim Handelsregister). Die Meldepflichten treffen außerdem sowohl die Verwalter von Trusts (Trustees) mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland als auch Treuhänder mit Wohnsitz oder Sitz in Deutschland von nichtrechtsfähigen Stiftungen, wenn der Stiftungszweck aus Sicht des Stifters eigennützig ist, und vergleichbaren Rechtsgestaltungen. Die Mitteilungen an das Transparenzregister müssen erstmals bis zum 1. Oktober 2017 erfolgen.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Das neue Transparenzregister ist ein Compliance-Thema von erheblicher Bedeutung. Das Gesetz sieht bei Verstoß gegen die Meldepflichten empfindliche Bußgelder vor. (7. Juli 2017, Dr. Christian Rosner)
Am 29. März 2017 hat das Vereinigte Königreich offiziell seinen Antrag auf den Austritt aus der EU eingereicht. Dieser historische Schritt eröffnet den baldigen Beginn der Austrittsverhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Dabei wird eine Fülle von rechtlichen Verflechtungen in den verschiedensten Politikbereichen zu erörtern sein. Vom Ergebnis dieser Verhandlungen wird auch der haftungsrechtliche Status der Limiteds in Deutschland abhängen.
Bisherige Anerkennung der englischen Limited in Deutschland
Rund 9.000 englische Limiteds haben ihren Verwaltungssitz in Deutschland. Sie wurden nach dem Recht von England und Wales mit Sitz im Vereinigten Königreich gegründet, vor allem Anfang der 2000er-Jahre. Ihre gesellschaftsrechtliche Anerkennung beruht auf EU-Recht, konkret der Niederlassungsfreiheit: Rechtsformen aus anderen EU-Staaten mit Verwaltungssitz in Deutschland sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als solche anzuerkennen. In ihrer Handhabung sind die Limiteds gegenüber einheimischen Rechtsformen wie der GmbH oder der GmbH & Co. KG aufwändiger, denn es sind laufend Formalien im Vereinigten Königreich einzuhalten. Seit der Reform des GmbH-Rechts im Jahr 2008 (MoMiG) geht die Zahl der Limiteds in Deutschland kontinuierlich zurück.
Was kann der Brexit gesellschaftsrechtlich bedeuten?
Der Brexit kann unmittelbare Auswirkungen auf die haftungsrechtliche Behandlung der Limiteds haben. Das hängt davon ab, wie das Verhandlungsergebnis zu diesem Rechtsbereich ist. Wenn dieses so aussieht, dass das bisherige Recht fortgilt und sich die Limiteds in Deutschland weiter auf eine der EU-Niederlassungsfreiheit vergleichbare Rechtsposition berufen können, bleibt es bei der Anerkennung der Limited als haftungsbeschränkte Gesellschaft. Anderenfalls droht der Wegfall der Haftungsbeschränkung. Dann gilt die Limited als OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Gesellschafter haften persönlich.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Anlässlich des Brexit sollten betroffene Unternehmer überlegen, ob die Beibehaltung der Limited als Rechtsform sinnvoll ist. Es gibt rechtliche Möglichkeiten, den Betrieb in eine deutsche Rechtsform zu überführen, zum Beispiel in eine GmbH oder eine GmbH & Co. KG. Dabei sind steuerliche Besonderheiten zu beachten, die in jedem Einzelfall anders liegen und individuell betrachtet werden müssen. (31. März 2017, Dr. Christian Rosner)
OLG München, Urteil vom 15. März 2017 – 7 U 4184/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Gesellschafter einen Anspruch auf Auskunft über seine Mitgesellschafter hat. Der Kläger war Kommanditist an einer Publikumsgesellschaft und begehrte von der Beklagten Auskunft über die Namen, Anschriften, E-Mailadressen und die Beteiligungshöhe der jeweiligen Mitgesellschafter und der Mittreugeber, die über die Treuhandkommanditistin beteiligt waren. Die Beklagte, eine Fondsgesellschaft, verweigerte die Auskunft über diejenigen Mitgesellschafter, die ihre Zustimmung dazu nicht erteilt hatten.
Entscheidung
Der Auskunftsanspruch eines Gesellschafters setzt nicht das Vorliegen eines berechtigten Interesses voraus. Ein Anleger, der sich unmittelbar an einer Publikumsgesellschaft beteiligt hat, hat gegen die Gesellschaft einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen und die Anschriften der anderen Anleger mitgeteilt werden, wenn diese eine Rechtsstellung haben, die der eines unmittelbaren Gesellschafters entspricht. Dieser Anspruch wird durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung und das Schikaneverbot begrenzt. Eine abstrakte Gefahr des Missbrauchs der erfragten Daten reicht nicht aus. Die beklagte Gesellschaft trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers begründen.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung des OLG Stuttgart verdeutlicht, dass im Grundsatz die Vertragsfreiheit für das im Gesellschaftsvertrag gewählte Bewertungsverfahren gilt. Weicht jedoch die nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung ermittelte Abfindung erheblich von dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils ab, kann im Klagewege die Anpassung der Abfindung erreicht werden.
OLG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2017 – 14 U 3/14
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Stuttgart hat in diesem Urteil entschieden, dass die Ermittlung einer Abfindung für das Ausscheiden eines Gesellschafters anhand des Stuttgarter Verfahrens grundsätzlich wirksam und verbindlich ist, wenn dies im Gesellschaftsvertrag so vereinbart worden ist. Der Beklagte war ehemaliger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin. Der Gesellschaftsvertrag enthielt die Regelung, dass die Höhe der Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters durch einen von den Parteien zu wählenden Gutachter mittels des Stuttgarter Verfahrens zu bestimmen sei. Ein solches Gutachten wurde erstellt. Nach Auffassung der Klägerin fiel die Höhe der Abfindung jedoch zu hoch aus.
Entscheidung
Bei entsprechender Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag gilt für die Anteilsbewertung das Stuttgarter Verfahren. Nur wenn der sich nach dem Stuttgarter Verfahren ergebende Anteilswert vom tatsächlichen Verkehrswert des Anteils erheblich abweicht, ist die im Gesellschaftsvertrag stehende Abfindungsregelung unanwendbar und der Abfindungsbetrag anzupassen. Das „Stuttgarter Verfahren“ wurde von der Finanzverwaltung als Bewertungsverfahren in Steuersachen entwickelt. Allerdings wird es für die adäquate Ermittlung des tatsächlichen Wertes eines Gesellschaftsanteils als ungeeignet angesehen. Dennoch erlaubt es die Vertragsfreiheit, diese Berechnungsmethode im Gesellschaftsvertrag zu wählen.
Eine Herabsetzung der Höhe der Abfindung ist nach der Auffassung des Senats nur dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung möglich, wenn ein gravierendes Missverhältnis zwischen dem vertraglichen Abfindungsbetrag und dem tatsächlichen Anteilswert besteht.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Entscheidung des OLG Stuttgart verdeutlicht, dass im Grundsatz die Vertragsfreiheit für das im Gesellschaftsvertrag gewählte Bewertungsverfahren gilt. Weicht jedoch die nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung ermittelte Abfindung erheblich von dem Verkehrswert des Gesellschaftsanteils ab, kann im Klagewege die Anpassung der Abfindung erreicht werden.
Der Bundestag hat am 16. Februar 2017 die Reform des Insolvenzanfechtungsrechts beschlossen. Die Insolvenzanfechtung ermöglicht es Insolvenzverwaltern, unter bestimmten Voraussetzungen vorinsolvenzliche Abflüsse aus dem Vermögen des Schuldners rückgängig zu machen. Mit der Reform sollen Rechtsunsicherheiten der bisherigen Rechtslage ausgeräumt werden. Eine wesentliche Änderung ist, dass die Frist für die Vorsatzanfechtung in bestimmten Fällen für Deckungshandlungen von bisher zehn auf vier Jahre herabgesetzt wird. Insbesondere für vorsätzliche Vermögensverschiebungen im Vorfeld der Krise gilt allerdings nach wie vor der zehnjährige Anfechtungszeitraum. Eine weitere, für den Geschäftsverkehr wichtige Neuregelung wurde für Zahlungserleichterungen beschlossen: Nach dem neuen Recht wird vermutet, dass der Anfechtungsgegner zum Zeitpunkt der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte. Damit wird Rechtssicherheit geschaffen für Gläubiger, die dem Schuldner Zahlungsaufschub gewähren.
BGH Urteil vom 26. Januar 2017 – IX ZR 285/14
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Urteil seine Rechtsprechung zur Steuerberaterhaftung im Zusammenhang mit der Aufstellung von Jahresabschlüssen in der Krise des Unternehmens neu ausgerichtet. Der Kläger war Insolvenzverwalter einer GmbH. Über das Vermögen dieser GmbH wurde im Jahre 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte war Steuerberater und war von der GmbH in Einzelaufträgen beauftragt worden, jeweils die Jahresabschlüsse für die Jahre 2003 bis 2007 zu erstellen. Der beklagte Steuerberater erstellte die Bilanzen nach Fortführungswerten. Sie wiesen jeweils nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aus. Der Kläger beantragte, festzustellen, dass der Beklagte sämtliche Schäden seit 2005 zu ersetzten habe, die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstanden seien.
Entscheidung
Der BGH hat in seiner Entscheidung unter zwei Gesichtspunkten Schadensansprüche gegen den beklagten Steuerberater hergeleitet:
1. Zum einen kann der beauftragte Steuerberater die durch die verspätete Antragstellung entstandenen Schäden zu ersetzen haben, wenn dafür eine mangelhafte Erstellung der Bilanzen ursächlich war. Ein mit der Erstellung eines Jahresabschlusses als Werkvertrag beauftragter Steuerberater haftet nach § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 675 Abs. 1 BGB nicht nur, wenn der Jahresabschluss eine tatsächlich bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen lässt. Einen Mangel weist der erstellte Jahresabschluss auch auf, wenn der beauftragte Steuerberater der Bilanzierung zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde gelegt hat. Zwar muss der Steuerberater ohne besondere Vereinbarung nicht von sich aus die für die Fortführungsprognose erheblichen Tatsachen ermitteln. Er muss den Jahresabschluss lediglich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm bekannten Umstände erstellen. Auf dieser Grundlage objektiv unrichtig ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt und darüber hinaus damit zu rechnen ist, dass die Unternehmenstätigkeit innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt wird. Die objektive Unrichtigkeit des Jahresabschlusses muss dem beauftragten Steuerberater darüber hinaus vorwerfbar sein. Das ist der Fall, wenn er Anzeichen in den ihm überlassenen Unterlagen, die gegen die Fortführungsvermutung sprechen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), nicht nachgeht.
2. Zum anderen kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht, wenn es der beauftragte Steuerberater versäumt hat, die Schuldnerin auf die sich aus dem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ergebenden Risiken hinzuweisen. Es besteht eine Hinweis- und Warnpflicht, wenn der Steuerberater einen Insolvenzgrund erkennt oder Anhaltspunkte dafür findet und er zusätzlich Grund zu der Annahme hat, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.
Ab dem 18. Januar 2017 gilt in allen EU-Staaten außer dem Vereinigten Königreich und Dänemark eine neue EU-Verordnung zur vorläufigen Kontenpfändung. Dieses neue Recht soll es erleichtern, Forderungen in Zivil- und Handelssachen grenzüberschreitend einzutreiben. Die Eigenheiten der jeweiligen nationalen Verfahren sollen keine Hemmschwelle mehr bilden, im EU-Ausland zu vollstrecken.
Das neue Recht in aller Kürze: Unternehmen können künftig die Vollstreckung im EU-Ausland mit einer vorläufigen Kontenpfändung absichern. Ein Bankkonto kann auf diese Weise in Höhe der Forderung zuzüglich Zinsen und Kosten „eingefroren“ werden. Dem Transfer von Bankguthaben auf Konten in anderen Mitgliedsstaaten zur Erschwerung oder Vereitelung der Vollstreckung kann mit der vorläufigen Pfändung dieser Bankkonten begegnet werden. Zur Vorbereitung der Maßnahme gibt es einen Auskunftsanspruch, über welche Bankkonten der Schuldner verfügt.
Demgegenüber müssen Unternehmen, die wegen Geldforderungen verklagt werden, in grenzüberschreitenden Rechtsachen künftig vermehrt damit rechnen, dass ihre Bankkonten zur Sicherung der Vollstreckung gepfändet werden. Das betrifft auch Konten, die sie in anderen EU-Mitgliedstaaten haben.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Für Gläubiger ist der Einsatz dieses neuen Instruments im EU-Ausland sinnvoll. Gibt es Hinweise darauf, dass die Vollstreckung erheblich erschwert werden könnte, sollte die vorläufige Kontenpfändung in Betracht gezogen werden. Sie sichert und erleichtert die Vollstreckung im EU-Ausland. Der Antrag auf vorläufige Kontenpfändung kann schon im Vorfeld eines Prozesses gestellt werden. Die vorläufige Kontenpfändung wird dem Schuldner nicht angekündigt. Es gibt also einen Überraschungseffekt. Die Verordnung sieht mehrere Möglichkeiten vor, sich gegen eine vorläufige Kontenpfändung zur Wehr zu setzen: Der Schuldner hat die Möglichkeit, den Widerruf oder die Abänderung des gerichtlichen Beschlusses zu beantragen. Er kann die Kontenpfändung auch durch eine Sicherheitsleistung abwenden. (18. Januar 2017, Dr. Christian Rosner)
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2017 – IX ZR 95/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
In diesem Verfahren hatte der BGH über die Wirkung einer harten Patronatserklärung zu entscheiden. Die Klägerin belieferte eine GmbH, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, mit Gas. Als die Tochtergesellschaft in Zahlungsrückstand geraten war, gab die Beklagte (Muttergesellschaft) gegenüber der Klägerin (Gläubiger) eine harte, befristete Patronatserklärung ab (externe Patronatserklärung). Die Muttergesellschaft verpflichtete sich ausdrücklich, ihre Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass diese stets in der Lage war, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Im Folgenden wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Tochtergesellschaft eröffnet. Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung für Zahlungen an die Klägerin. Diese zahlte daraufhin einen Betrag von 2 Mio. EUR zurück. Sie nahm deswegen die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch mit der Begründung, dass diese ihrer Verpflichtung aus der Patronatserklärung nicht nachgekommen sei.
Entscheidung
Durch eine harte Patronatserklärung wird eine rechtsgeschäftliche Einstandspflicht des Patrons begründet. Eine harte Patronatserklärung stellt damit ein Sicherungsmittel dar, das mit einer Bürgschaft oder einer Garantieerklärung vergleichbar ist. Die Muttergesellschaft haftet dem Gläubiger neben der Tochtergesellschaft auf das Ganze. Erweisen sich Zahlungen der Tochtergesellschaft mit ihr zugeführten Mitteln als anfechtbar, unterliegt die Muttergesellschaft einer Schadensersatzpflicht. Der Ausstattungsanspruch der Tochtergesellschaft wandelt sich in eine Pflicht zur Direktzahlung der Muttergesellschaft an den Gläubiger, gegenüber dem die Patronatserklärung abgegeben wurde.
2016
OLG München, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 34 AR 135/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hat in diesem Beschluss entschieden, dass für Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats wegen Pflichtverletzungen der Gerichtsstand durch den Sitz der Gesellschaft bestimmt wird. Der Antragsteller begehrte als Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Aktiengesellschaft von den drei Antragsgegnern als Gesamtschuldner Schadensersatz nach §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 AktG.
Entscheidung
Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen von Organen einer Gesellschaft sind am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen. Es besteht deswegen ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts.
OLG München, Urteil vom 5. Oktober 2016 – 7 U 3036/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG München hatte in diesem Urteil über die Wirksamkeit der Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils zu befinden, der maßgeblich im Hinblick auf die partnerschaftliche Mitarbeit in einem Beratungsunternehmen gewährt worden war. Die Klägerin war mit einem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.400,00 EUR an der Beklagten beteiligt, deren Stammkapital insgesamt rund 800.000,00 EUR betrug. Der Geschäftsanteil war im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsvertrag mit der französischen Niederlassung einer Tochtergesellschaft der Beklagten gewährt worden. Nachdem das Arbeitsverhältnis der Klägerin gekündigt worden war, wurde unter Berufung auf eine entsprechende Satzungsbestimmung ein Gesellschafterbeschluss gefasst, den Geschäftsanteil der Klägerin einzuziehen.
Entscheidung
Satzungsbestimmungen, die die Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen durch Mehrheitsbeschluss ohne sachlichen Grund vorsehen, sind nur dann wirksam, wenn die Einziehung wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist. Anderenfalls sind sie nichtig. Von der Rechtsprechung anerkannt ist die Einziehung, wenn die Gesellschafterstellung maßgeblich im Zusammenhang mit der persönlichen Mitarbeit des Gesellschafters gewährt wurde und die Einziehungsmöglichkeit an die Beendigung dieser Mitarbeit anknüpft. Auch wenn die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses noch nicht abschließend feststeht, kann die Einziehung nach der Auffassung des OLG München wirksam sein. So konnte sich im Streitfall die betroffene Partnerin nicht darauf berufen, dass die Wirksamkeit der Kündigung noch nicht abschließend geklärt war. Denn ihr Partnerstatus war faktisch beendet und nach den Umständen des Einzelfalls war nicht mehr zu erwarten, dass sie ihre Mitarbeit als Partnerin wiederaufnehmen würde.
KG, Beschluss vom 28. Juli 2016 – 2 W 8/26
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das Kammergericht hat in seinem Beschluss entschieden, dass eine Beschwerde gemäß §§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 SpruchG in Verbindung mit §§ 61, 68 Abs. 2 FamFG als unzulässig anzusehen ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR nicht übersteigt und die Beschwerde vom Gericht nicht zugelassen wird. Der Antragsteller hatte zehn Aktien und war Minderheitsaktionär einer AG. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung wurde beschlossen, die Minderheitsaktionäre auszuschließen und pro Aktie eine Barabfindung in Höhe von 1,93 Euro zu zahlen. Der durchschnittliche Börsenkurs der Aktie lag im Dreimonatszeitraum jedoch bei 2,17 EUR. Daher beantragte der Antragsteller zunächst bei Landgericht Berlin, gerichtlich einen höheren Betrag festzusetzten. Das Landgericht Berlin wies den Antrag als unzulässig ab, da dieser innerhalb der Antragsfrist nicht hinreichend begründet worden war. Daraufhin erhob der Antragsteller Beschwerde beim Landgericht Berlin. Dieses half der Beschwerde nicht ab und legte dem KG als Beschwerdegericht die Sache vor.
Entscheidung
Das KG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. § 61 FamFG findet auch auf Beschwerden im Spruchverfahren Anwendung. Mithin ist ein Verfahren erst ab einem Beschwerdewert in Höhe von 600 EUR oder, wenn die Beschwerde durch das entsprechende Gericht für zulässig erklärt worden ist, statthaft. Ein Verstoß gegen die Verfassung ist darin nicht zu sehen, denn weder der Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG, noch das aus Art. 20 GG folgende Rechtsstaatsprinzip gewährleisten ein Recht auf einen Instanzenzug gegen gerichtliche Entscheidungen. Minderheitsaktionäre sind prozessual nicht anders zu stellen als Beteiligte in sonstigen zivilrechtlichen Streitigkeiten. Sie werden im Spruchverfahren durch die inter omnes Wirkung der dort ergehenden Entscheidungen und die Mitwirkung eines gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre geschützt.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Per Squeeze-Out ausgeschlossenen Minderheitsaktionären steht gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts die Beschwerde beim Oberlandesgericht nicht offen, wenn ihre Aktien den Mindestbeschwerdewert von 600 EUR nicht erreichen. Sie sollten deswegen zur Geltendmachung ihrer Rechte rechtzeitig anwaltlichen Rat einholen und die Argumentation vor dem Landgericht gut vorbereiten, das in der ersten Instanz zuständig ist. (7. November 2016, Dr. Christian Rosner)
OLG Brandenburg, Urteil vom 27. Juli 2016 – 7 U 52/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Brandenburg hat in diesem Urteil entschieden, dass eine Limited auch nach ihrer Löschung weiterhin als juristische Person gelten kann. Gegenstand der Berufung war die Parteifähigkeit in einer Zahlungsklage. Das Vermögen der Beklagten, einer Limited & Co. KG, war im Wege der Anwachsung auf ihre persönlich haftende Gesellschafterin, eine Limited nach dem Recht von England und Wales übergegangen. Diese Limited war inzwischen aus dem englischen Register gelöscht worden.
Entscheidung
Eine beendete englische Limited ist in einem Zivilprozess parteifähig, wenn bei ihr noch Vermögen im Inland vorhanden ist.
Wird eine Limited im Gesellschaftsregister des Companies House gelöscht, fällt das in England belegene Vermögen nach englischem Recht der englischen Krone zu. Dieses Heimfallrecht erstreckt sich jedoch nicht auf das in Deutschland belegene Vermögen (Territorialitätsprinzip).
Zum Zwecke der Liquidation besteht die Limited im Hinblick auf ihr in Deutschland belegenes Vermögen als Rest- oder Spaltgesellschaft („Rest-Limited“) fort. Diese Gesellschaft ist eine Liquidationsgesellschaft. Sie bleibt eine juristische Person, wandelt sich also nicht in eine offene Handelsgesellschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Eine Limited, die in Deutschland belegenes Vermögen hat, gilt auch nach ihrer Löschung als juristische Person. Das OLG Brandenburg arbeitet mit einer Fiktion, um die ordnungsgemäße Liquidation der Gesellschaft zu ermöglichen. Wir beraten zur rechtlichen Behandlung von Limiteds im deutschen Recht und übernehmen die Funktion eines Nachtragsliquidators entsprechend § 273 AktG. (24. Oktober 2016, Dr. Christian Rosner)
OLG Hamm, Beschluss vom 19. Juli 2016 – 27 W 93/16
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Hamm hat in diesem Beschluss entschieden, dass die Partnerschaftsgesellschaft nach Ausscheiden des den Doktortitel führenden Namensgebers den Titel in ihrem Namen nicht ohne Weiteres weiterführen darf. Die Partner einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wollten im Namen der Partnerschaftsgesellschaft den Doktortitel des ausscheidenden namengebenden Partners fortführen. Das Amtsgericht hatte dies abgelehnt.
Entscheidung
Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das OLG Hamm ab. Nach §§ 2 Abs. 2 PartGG, 18 Abs. 2 HGB darf der Name der Partnerschaft keine Angaben enthalten, die mögliche Geschäfts- oder Vertragspartner irreführen könnten. Das ist bei der Fortführung des Doktortitels jedenfalls dann der Fall, wenn die verbliebenen Partner keinen solchen Titel führen. Bei einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist diese Tatsache verkehrswesentlich.
BGH, Beschluss vom 28. Juni 2016 – II ZR 290/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Beschluss entscheiden, dass die Haftung des Kommanditisten auch im Rahmen eines Austauschgeschäfts zwischen dem Kommanditisten und der Gesellschaft wiederaufleben kann. Der Kläger war Insolvenzverwalter in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Der Beklagte war seit 1996 als Kommanditist mit einer Hafteinlage von 2 Millionen DM an der GmbH & Co. KG beteiligt. Als 1998 sämtliche Gesellschafter ihre Geschäftsanteile an einer Immobilien-GmbH an die Gesellschaft verkauften, erhielt er von der Gesellschaft einen Kaufpreisanteil in Höhe von 211.500 DM (108.138,23 EUR). Der klagende Insolvenzverwalter war der Auffassung, es handelte sich dabei um eine Einlagenrückgewähr, die zum Wiederaufleben der Haftung des Beklagten führte. Das Landgericht teilte diese Auffassung und verurteilte den Beklagten daraufhin zur Zahlung von 108.138,23 EUR. Der Beklagte legte gegen diese Entscheidung Berufung ein. Das Berufsgericht verurteilte den Beklagten daraufhin zur Zahlung von 67.234,88 EUR. Dagegen legten sowohl der Kläger als auch der Beklagte Revision ein.
Entscheidung
Die Rückbezahlung der Einlage eines Kommanditisten liegt gem. § 172 Abs. 4 HGB bei jeder Zuwendung an den Kommanditisten vor, durch die dem Gesellschaftsvermögen ein Wert ohne eine entsprechende Gegenleistung entzogen wird. Diese kann auch im Rahmen eines Austauschgeschäfts bestehen, wenn die Gesellschaft von dem Kommanditisten etwas zu einem erhöhten Preis kauft. In der Höhe des Unterschiedsbetrags zu der angemessenen Gegenleistung lebt die persönliche Haftung des Kommanditisten wieder auf, sobald er die vereinbarte vertragliche Leistung erhält. Des Weiteren stellte der BGH ausdrücklich klar, dass der Wert der Geschäftsanteile einer GmbH, die keinen Geschäftsbetrieb hat und nur das in ihrem Eigentum stehende Grundstück verwaltet, wirtschaftlich dem Wert des Grundstücks gleich zu setzten ist.
BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – II ZB 10/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in dieser Entscheidung grundlegend zum Auskunftsanspruch eines Kommanditisten aus wichtigem Grund Stellung genommen. Die Antragstellerin (Kommanditistin) forderte unter Berufung auf § 166 Abs. 3 HGB Informationen über Geschäftsführungsmaßnahmen. Sie machte einen Auskunftsanspruch zu den Gründen der bislang nicht erfolgten Umsetzung des Geschäftsgegenstandes (Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen sowie die Veräußerung des dadurch gewonnenen Stroms) geltend.
Entscheidung
Das außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten ist nicht auf Auskünfte beschränkt, die der Prüfung des Jahresabschlusses dienen oder zum Verständnis des Jahresabschlusses erforderlich sind. § 166 Abs. 3 HGB erweitert das Informationsrecht des Kommanditisten bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch auf Auskünfte über die Geschäftsführung und damit im Zusammenhang stehende Unterlagen. Der Informationsanspruch ist aber auf das Interesse der Kommanditisten an der der Auskunft beschränkt. Dieses folgt aus dem jeweils geltend gemachten wichtigem Grund, zum Beispiel eine Gefährdung des Bestands der Gesellschaft.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Bereits bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags sollte man die Informationsrechte des Kommanditisten regeln. Die Gesellschafter können gesellschaftsvertraglich eine von den eingeschränkten gesetzlichen Informationsrechten abweichende Informationspolitik vereinbaren. Wir beraten regelmäßig bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, insbesondere für die GmbH & Co. KG.
Bei Streitigkeiten über das Auskunftsrecht hängt die gerichtliche Entscheidung stets von der Abwägung zwischen dem Interesse des Kommanditisten an der Informationsverschaffung und den Interessen der Gesellschaft ab. Werden wir – von der einen oder der anderen Seite – mit der Wahrnehmung der Interessen mandatiert, prüfen wir die Begründung des Informationsanspruchs auf der Grundlage der aktuellen BGH-Rechtsprechung. Kommt es zum Prozess, übernehmen wir die Vertretung im gerichtlichen Verfahren.
(24. Oktober 2016, Dr. Christian Rosner)
BGH Urteil vom 10. Mai 2016 – II ZR 342/14
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass GmbH-Gesellschafter nach der Einziehung eines Geschäftsanteils unter bestimmten Voraussetzungen persönlich als Gesamtschuldner gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter haften. Der Kläger war zu 50 v.H., die Beklagten jeweils zu 25 v.H. an einer GmbH beteiligt. Die Gesellschafterversammlung beschloss mit Zustimmung des Klägers, dessen Gesellschaftsanteil einzuziehen. Daraufhin erhielt der Kläger im Abstand von sechs Monaten die erste und zweite Rate seiner Abfindung. Die dritte Rate wurde ihm unter Hinweis auf die bilanzielle Überschuldung der Gesellschaft nicht ausgezahlt. Der Kläger klagte daraufhin auf Zahlung der dritten Rate.
Entscheidung
Ist die Zahlung der Abfindung wegen der Kapitalerhaltungspflicht (§ 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 GmbHG) gesperrt, tritt eine persönliche Haftung der Gesellschafter nur dann ein, wenn sie sich treuwidrig verhalten. Das ist der Fall, wenn die Gesellschafter entweder nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus ungebundenem Vermögen gezahlt werden kann, oder die Gesellschaft fortsetzen und nicht auflösen, um die Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters sicherzustellen. Die Haftung entsteht zu dem Zeitpunkt, ab dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs als treuwidrig anzusehen ist. Es kommt dabei nicht darauf an, ob bestimmte Vermögenswerte entnommen werden.
OLG Stuttgart, Urteil vom 23.02.2016 – 1 U 97/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Stuttgart hat in diesem Urteil entschieden, dass ein GmbH-Geschäftsführer nur unter engen Voraussetzungen persönlich gegenüber einem stillen Gesellschafter (Anleger) für unzureichende Auskünfte bei Zeichnung der Anlage haftet. Der Kläger war stiller Gesellschafter einer GmbH, der Beklagte deren Geschäftsführer. Nach Kündigung des Vertrags über die stille Gesellschaft forderte der Kläger die Rückzahlung seiner Einlage. Über die GmbH wurde sodann das Insolvenzverfahren eröffnet. Die daraufhin im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen machte der Kläger daraufhin auch persönlich gegen den Beklagten geltend. Der Kläger stützte seine Klage darauf, dass der Beklagte ihn nicht über den Zinsausfall und das Totalverlustrisiko informiert habe. Das Landgericht hat dem Kläger einen Anspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten, gem. § 311 Abs. 2,3 BGB, gegen den Beklagten zugesprochen. Das OLG Stuttgart teilte diese Auffassung nicht und hat der Berufung des Beklagten GmbH-Geschäftsführers stattgegeben.
Entscheidung
Da der Kläger nicht mit dem Beklagten, sondern mit der GmbH einen Vertrag über die stille Gesellschaft geschlossen hat, richten sich Ersatzansprüche aufgrund unzureichender Auskünfte grundsätzlich nur gegen die GmbH. Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers besteht nur unter engen Voraussetzungen. Entweder muss der Geschäftsführer ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Zustandekommen des Rechtsverhältnisses gehabt haben oder er muss ein besonderes persönliches Vertrauen gegenüber dem Anleger in Anspruch genommen haben. Um ein wirtschaftliches Eigeninteresse zu bejahen reicht es nicht aus, dass der Geschäftsführer eigene Investitionen in die Gesellschaft tätigt, da er damit auch ein eigenes Verlustrisiko trägt. Ein besonderes persönliches Vertrauen liegt vor, wenn der Vertreter einer Gesellschaft entweder zusätzlich persönlich Gewähr für das in Aussicht genommenen Rechtsgeschäft übernimmt oder zwischen dem Vertreter und dem Anleger ausnahmsweise eine persönliche Beziehung vorliegt, die einen so weitgehenden Vertrauenstatbestand schafft, dass dieser die Grundlage für den Geschäftsabschluss bildet. Allein die Stellung einer Person als Geschäftsführer begründet noch keinen persönlichen Vertrauenstatbestand.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die Eigenhaftung des Geschäftsleiters besteht nur in von der Rechtsprechung eng begrenzten Fallgruppen. Denn die Eigenhaftung durchbricht den Grundsatz, dass Vertragsbeziehungen und vorvertragliche Schuldverhältnisse nur zwischen den Vertragsparteien gelten. Die Beratung im Zusammenhang mit der Haftung von Organmitgliedern (D&O) ist Bestandteil unseres gesellschaftsrechtlichen Angebots.
(14. November 2016, Dr. Christian Rosner)
2015
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. Dezember 2015 – II-1 UF 2/15
Verfahrensgegenstand und Sachverhalt
Das OLG Düsseldorf hat in diesem Beschluss entschieden, in welchem Umfang bei der Höhe des Zugewinnausgleichs nach § 1378 Abs. 1 BGB der Wert von Gesellschaftsanteilen zu berücksichtigen ist. Der Antragsgegner war Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (GmbH) und Geschäftsführer einer weiteren GmbH, die derselben Unternehmensgruppe angehörte. Die Antragstellerin, rechtskräftig geschiedene Ehefrau des Antragsgegners, forderte, beim Zugewinnausgleich den Wert der Beteiligung des Antragsgegners in Höhe des Nutzungswerts zu berücksichtigen.
Entscheidung
Grundsätzlich geht eine Unternehmensbeteiligung gemäß § 1376 Abs. 2 BGB nach dem Verkehrswert (Vollwert) einschließlich eines Goodwills in das Endvermögen ein. Jedoch kann eine Bewertung nach diesen Maßstäben bei einer Beteiligung an einer Berufsträgergesellschaft unangemessen sein. Das ist bei Berufsträgergesellschaften, wie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, oft der Fall, da dort der wirtschaftliche Nutzen des Unternehmens unlösbar von den Gesellschaftern persönlich abhängt und dem Unternehmen nicht unmittelbar als objektivierbare Vermögensposition anhaftet. Bewertungsobjekt kann nicht das künftig erwartete Einkommen sein, dass der individuellen Arbeitskraft des Inhabers zuzurechnen ist, sondern nur solche Ertragswerte, die auf einen potentiellen Erwerber übertragbar sind. Danach ist eine gesellschaftsrechtlich ausgestaltete Mitarbeiterbeteiligung mit dem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Abfindungsbetrag zu bewerten, da der für den Zugewinnausgleich zu berücksichtigende Nutzungswert sich auf die am Stichtag vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten beschränkt und nicht künftige Erwerbsaussichten mit einzubeziehen sind. Ansonsten würde ein „subjektiver Mehrwert“ mit in die Bewertung einfließen, wodurch künftiges Einkommen des Gesellschafters im Rahmen des Zugewinnausgleichs verteilt würde, obwohl nur das zum Stichtag vorhandene Vermögen auszugleichen ist.
Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Beteiligungen im Endvermögen werfen beim Zugewinnausgleich stets Bewertungsfragen auf. In dieser Entscheidung führten die gesellschaftsrechtlichen Regelungen zu einer besonderen Bewertung. (14. November 2016, Dr. Christian Rosner)