Entscheidungen im Schiedsrecht

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Entscheidungen im Schiedsrecht

Entscheidungen im Schiedsrecht

Das Recht der Schiedsgerichtsbarkeit ist vielschichtig und komplex. Hier informieren wir Sie über aktuelle Rechtsprechung und Rechtsentwicklungen auf diesem Gebiet.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. Februar 2021– 26 SchH 2/20

Das OLG Frankfurt hat in einem Beschluss vom 11. Februar 2021 eine Schiedsvereinbarung in einem Investitionsschutzabkommen (BIT) zwischen Österreich und Kroatien als unwirksam angesehen. Es hat dabei maßgeblich auf die „Achmea“-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 6. März 2018 – C-284/16) abgestellt. Diese sei eine Grundsatzentscheidung, die über den Einzelfall hinaus für alle Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedsstaaten gelte. Eine zwischenstaatliche Übereinkunft zwischen einzelnen Mitgliedsstaaten dürfe danach die „Autonomie der Rechtsordnung der Union und ihres der Gewährleistung der Kohärenz und Einheitlichkeit der Auslegung dienenden Gerichtssystems nicht beeinträchtigen“. Eine solche Beeinträchtigung sah das OLG Frankfurt im konkreten Fall als gegeben an.

Eine österreichische und eine kroatische Bank hatten ein Schiedsverfahren in Frankfurt am Main als Schiedsort gegen die Republik Kroatien eingeleitet. Beide Banken operierten auf dem kroatischen Markt und machten Schadensersatzansprüche geltend, zum einen wegen der Änderung des kroatischen Insolvenzrechts, zum anderen wegen einer behaupteten systematischen Verweigerung von Rechtsschutz durch die kroatischen Gerichte. Artikel 9 Abs. 2 des in Rede stehenden BIT sieht bei Streitigkeiten aus einer Investition die Durchführung eines Schiedsverfahrens in Frankfurt am Main vor. Die Republik Kroatien war der Auffassung, das Schiedsverfahren sei unzulässig, da die Schiedsklausel nicht mit Unionsrecht vereinbar und aus diesem Grund nichtig sei.

Das OLG Frankfurt stellte fest, dass im Streitfall für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Investition neben dem österreichischen und dem kroatischen Recht auch das Unionsrecht anzuwenden sei. Da jedoch das Schiedsgericht kein „Gericht eines Mitgliedsstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV sei und deswegen dem EuGH Fragen zum Unionsrecht nicht vorlegen könne, liege eine Beeinträchtigung der Autonomie des Unionsrechts vor.

Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Die „Achmea“-Entscheidung bildet einen Wendepunkt für Streitigkeiten aus Investitionsschutzabkommen in der Europäischen Union. Der EuGH hat darin seine Rechtsprechungshoheit im Unionsrecht nachdrücklich artikuliert: Die Verzahnung einzelner Spruchkörper in den Mitgliedstaaten mit dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens gemäß Artikel 267 AEUV ist ein Kernbestandteil der einheitlichen Rechtsfortbildung durch den EuGH. Die vorliegende Entscheidung des OLG Frankfurt nimmt diese Grundsätze auf, mit der Konsequenz, dass die Investitionsstreitigkeit wegen ihres Unionsrechtsbezugs nicht vor dem vorgesehenen Schiedsgericht ausgetragen werden kann. Der Senat hat allerdings die Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof zugelassen.

BayObLG, Beschluss vom 18. August 2020 – 1 Sch 93/20

Verfahrensgegenstand und Sachverhalt

Das BayObLG hatte in diesem Beschluss darüber zu entscheiden, ob es eine schiedsgerichtliche Eilanordnung für vollziehbar erklärt. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin, beide Gesellschafterinnen einer GmbH mit Sitz in München, waren in Streit über die Wirksamkeit verschiedener Gesellschafterbeschlüsse geraten und führten von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) ein administriertes Schiedsverfahren.

Im Gesellschaftsvertrag der GmbH war eine Schiedsvereinbarung getroffen worden, die umfänglich auf die Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchO) und die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGes) der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) verwies.

Die Antragstellerin hatte vor dem Schiedsgericht eine Eilanordnung erwirkt und begehrte in dem Verfahren vor dem BayObLG nunmehr die Vollziehbarerklärung.

Entscheidung

Das BayObLG gab dem Antrag statt. Der zulässige Antrag war begründet, da eine wirksame Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO vorlag, die den zugrunde liegenden Beschlussmängelstreit umfasste.

Die Schiedsvereinbarung genügte den Voraussetzungen, die an eine auch Beschlussmängelstreitigkeiten umfassende wirksame Schiedsvereinbarung zu stellen sind. Das Schiedsgericht, so entschied das BayObLG, war auch gemäß § 1041 Abs. 1 S. 1 ZPO befugt, in dem anhängigen Verfahren auf Antrag der Schiedsbeklagten sichernde Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtschutzes anzuordnen. Denn nach Art. 25 DIS-SchO ist ein schiedsgerichtliches Eilverfahren zulässig. Für eine Kompetenzüberschreitung des Schiedsgerichtes oder sonstige Gründe, die gegen eine Vollziehbarerklärung hätten sprechen können, bestanden im konkreten Fall keine Anhaltspunkte.

Kommentar ROSNER RECHTSANWALT:
Das BayOblG zeigt in dieser Entscheidung exemplarisch, dass Schiedsverfahren auch im Gesellschaftsrecht bei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelung eine Alternative zu Verfahren vor den ordentlichen Gerichten darstellen. Wie im Entscheidungsfall, ist das Schiedsgericht auf Antrag einer Schiedspartei befugt, sichernde Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes anzuordnen, wenn die Parteien die Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchO) der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in ihre Schiedsvereinbarung einbezogen haben. Die Vorziehbarerklärung ist möglich, wenn sich die angeordneten Maßnahmen im Rahmen dessen halten, was auch ein staatliches Gericht bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten im einstweiligen Rechtsschutz anordnen könnte.

BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 – I ZB 46/18

Verfahrensgegenstand und Sachverhalt

In diesem Verfahren ging es um die Verletzung von Offenbarungspflichten eines Sachverständigen. Beide Parteien hatten ein Konsortium zum gemeinsamen Bau von S-Bahn-Zügen für die Deutsche Bahn gebildet. In dem zwischen den Parteien im Jahr 1998 geschlossenen Vertrag war geregelt, dass Streitigkeiten zwischen den Parteien durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS-SchO 1998) entschieden werden sollten. In einem Nachtrag zum Konsortialvertrag verpflichteten sich die Parteien zur Beseitigung von Schäden, welche die Auftraggeberin gerügt hatte. In der Folgezeit entstand ein Streit zwischen den Parteien über die Verantwortlichkeit für die Sanierung. Die Schiedsklägerin machte mit der Schiedsklage den Ersatz von anteiligen Sanierungskosten geltend.

Das Schiedsgericht gab der Klage statt und verurteilte die Schiedsbeklagte durch Schiedsspruch vom 1. September 2013 zur Zahlung von 5.800.000,00 EUR und zum Ersatz der Kosten einer künftigen Sanierung der Fahrgastraumfußböden von elf Zügen. Der Schiedsspruch beruhte maßgeblich auf dem Gutachten eines Sachverständigen. Dessen Vorgesetzter hatte zuvor bei der Schiedsklägerin gearbeitet. Dies hatte der Sachverständige nicht offenbart. Deswegen erhob der Schiedsbeklagte beim Oberlandesgericht Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs. Das Oberlandesgericht sah jedoch darin zwar einen Verfahrensfehler, aber keinen Befangenheitsgrund. Es wies die Anträge des Schiedsbeklagten zurück und erklärte den Schiedsspruch auf Antrag der Schiedsklägerin für vollstreckbar. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Entscheidung

Der BGH bestätigte die Entscheidung des Oberlandesgerichts. Die Aufhebung des Schiedsspruchs kam nur aus dem Gesichtspunkt eines Verfahrensfehlers in Betracht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO), der sich auf den Schiedsspruch hätte ausgewirkt haben müssen. Das war nicht der Fall.

Zwar hat ein bestellter Sachverständiger alle Umstände unverzüglich offenzulegen, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen könnten. Diese Pflicht zur Offenlegung besteht auch nach der Bestellung als Sachverständiger bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens fort. Bei den hierfür einschlägigen Bestimmungen handelt es sich um zwingende Vorschriften des deutschen Schiedsverfahrensrechts.

Der Sachverständige hätte aber nur dann abgelehnt werden können, wenn bei der Würdigung des Einzelfalls berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestanden hätten. Dabei war insbesondere das Gewicht der nicht offengelegten Umstände zu berücksichtigen. Im konkreten Fall war zwar davon auszugehen, dass der Sachverständige die Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls hätte offenlegen müssen. Jedoch hätte dies nicht für seine Ablehnung als Sachverständiger ausgereicht. Der BGH hob in seiner Entscheidung hervor, dass ein Umstand, der für sich genommen nicht zu einer Befangenheit führt, nicht über den Umweg der unterlassenen Offenbarung dieses Umstands zur Ablehnung eines Schiedsrichters oder Sachverständigen führen darf.

BGH, Beschluss vom 28. März 2019 – I ZB 51/18

Verfahrensgegenstand und Sachverhalt

Der BGH hat in diesem Beschluss seine Rechtsprechung bestätigt, dass die Schiedsklausel des ursprünglichen Vertrages weiterhin wirksam bleibt, wenn sich nicht aus einem Vertragsnachtrag eindeutig ergibt, dass die Parteien eine Änderung der Schiedsklausel vornehmen wollen.

Die Antragsteller veräußerten alle Geschäftsanteile einer GmbH an die Antragsgegnerin zu 1). Die Antragsgegnerin zu 2) übernahm als Garantin die gesamtschuldnerische Mithaftung für die Verpflichtungen der Antragsgegnerin zu 1). Es wurde eine „Meilensteinzahlung“ in Höhe von 3,2 Mio. EUR vereinbart. Der Kaufvertrag enthielt folgende Schiedsklausel:

„Any and all disputes or differences arising out of or in connection with this Agreement, or its breach, termination or invalidity shall be finally settled in accordance with the Arbitration Rules of the German Institution of Arbitration (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DIS e. V.) as amended from time to time without recourse to the ordinary courts of law by a tribunal of three arbitrators. The place of arbitration is Mannheim …”

Im November 2015 vereinbarten die Vertragsparteien zwei Vertragsnachträge. Der erste Nachtrag enthielt eine Schiedsklausel, die mit der ersten Schiedsklausel wörtlich übereinstimmte, statt „Amendment“ wurde jedoch der Begriff „Agreement“ verwendet. Der zweite Nachtrag enthielt eine mit dem ersten Nachtrag wortgleiche Schiedsklausel und eine ausdrückliche Klarstellung, dass substantiell nur eine Fristverlängerung vereinbart werden, alle übrigen Vertragsbestimmungen hingegen unverändert bleiben sollten. Als die Antragsteller die Zahlung der Meilensteinzahlung einforderten, lehnten die gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Antragsgegnerinnen dies unter Verweis auf die Schiedsklausel des Ursprungsvertrag ab. Die Antragsteller machten daraufhin im Wege der Feststellungsklage vor dem OLG Karlsruhe geltend, der Anspruch unterfalle keiner Schiedsvereinbarung. Diese sei unwirksam.

Entscheidung

Der BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, die die Schiedsklausel für anwendbar gehalten hatte. Eine Schiedsklausel ist danach auszulegen, welche Ansprüche ihr nach dem Parteiwillen unterfallen. Dabei gilt nach der Rechtsprechung des BGH der Grundsatz, dass sich eine in einer ursprünglich, später geänderten Vereinbarung enthaltene Schiedsklausel auch auf Streitigkeiten erstreckt, die auf einen später geschlossenen Vergleich zurückgehen, der die zuerst geschaffenen Verträge ergänzt oder in sonstiger Weise geändert, jedoch nicht umgeschaffen hat (BGH, Urteil vom 3. November 1983, III ZR 111/81). Im konkreten Fall ergab sich aus den Nachträgen nicht, dass diese auch die Schiedsklausel erfassen sollten, zumal diese im ursprünglichen Vertrag weit formuliert war.